Das Fernsehspiel ist tot? Es lebe das Fernsehspiel. Tatsächlich hat sich das Erste einen verschämten Rest dessen bewahrt, was es einst berühmt machte: Mittwochs, 20.15 Uhr, zeigt die ARD oft Filme mit gesellschaftlichem Anspruch. Und siehe da: Psychodramen, Sozialballaden und Wirtschaftskrimis finden nicht nur bei Kritikern Gefallen, sondern, weitaus wichtiger, auch beim Publikum.

Auch „Der andere Junge“ könnte für eine ansehnliche Quote sorgen. Denn der Streifen von Volker Einrauch (Regie) und Lothar Kurzawa (Buch) lässt in Abgründe pubertierender Rivalen im gutbürgerlichen Milieu blicken. Während die Eltern der Jungen Doppelkopf spielen, entwickelt sich zwischen den Kindern eine letztlich tödliche Hassliebe: Der Schwächere, ausgerechnet, erschießt den Stärkeren, seine Eltern verstecken die Leiche, und das Verschweigen des Todes vergiftet das Leben der Familien.

Der 90-Minüter glänzt nicht nur mit einer brillant erzählten Geschichte, sondern auch mit einer hochkarätigen Besetzung, darunter Peter Lohmeyer, Andrea Sawatzki, Barbara Auer und Christian Berkel.

Bleibt die Frage, warum das Erste den 2006 produzierten Film erst jetzt zeigt.