München. .

In der Reitschule am Englischen Garten in München, traben Mädchen zu Pferde im Kreis. Nebenan, im Café, verkündet Sat.1-Chef Andreas Bartl, wie er den Sender wieder sattelfest machen will. Seine Programm-Offensive präsentiert er im Galopp.

Der gebürtige Badener ist zum Erfolg verdammt. Der Chefsessel des größten Senders der ProSiebenSat.1-Gruppe hat die höchste Drehzahl in der ohnehin schnelllebigen Branche. Für Bartls Vorgänger Guido Bolten wurde der heiße Stuhl zum Schleudersitz.

Doch von Nervosität lässt sich Bartl, bei feiner Kost und gutem Wein, nichts anmerken. Nicht mal die bevorstehende Fußball-Weltmeisterschaft, die an Sat.1 vorbeiläuft, macht ihn unsicher. Im Gegenteil: Der 47-Jährige verströmt Optimismus, Begeisterung.

Kein Wunder, der internationale Fußball beschert dem Münchner Sender derzeit unerwartet gute Quoten. Den besten Marktanteil erreichte Sat.1 jüngst mit dem Kicker-Krimi Manchester-Bayern; er übersprang die 17-Prozent-Marke.

Bartl weiß, dass Fußball allein nicht reicht, um mit der ewigen Nummer vier im deutschen TV-Markt Anschluss an das Spitzentrio RTL, ARD und ZDF zu finden. Deshalb soll eine Fülle neuer Formate “den Glanz vergangener Jahre zurückbringen“.

Deshalb setzt Bartl auf Eigenproduktionen, von der Serie bis zum Film, die das biedere Image des Senders aufpolieren sollen. Bereits in Kürze starten die Serien „Danni Lowinski” mit Annette Frier und „Der Bulle” mit Henning Baum. Bleiben sollen die Sorgenkinder des Senders, Johannes B. Kerner und Oliver Pocher, trotz übersichtlichen Zuspruchs. Im Gegenteil: Pocher erhält zwei WM-Specials, die Kicken und Comedy miteinander versöhnen sollen.

Gleich drei neue Shows buhlen um die Gunst des Publikums, allen voran das bereits Ende April startende Format „Die perfekte Minute”. Die reaktivierte Moderatorin Ulla Kock am Brink präsentiert eine Art Spiel ohne Grenzen mit Alltagsgegenständen. Bei „Mein Mann kann” setzen Frauen wie beim Pokern auf Fähigkeiten ihrer Partner. Bei „Masterchef” sollen sich Jedermannköche als Küchen-Profis beweisen.

Ausbauen muss Bartl den Info-Bereich. Das weiß er. Sonst wird Sat.1 nicht mehr ernst genommen. Infotainment soll’s richten. „Unser Traum vom Bauernhof” und „Planet Mensch” nehmen die Sehnsucht des Publikums nach einer besseren Umwelt auf. „Diagnose Hoffnung” und das Wissensmagazin „Die Insider” bedienen das wachsende Interesse an Gesundheitsthemen. Der Film “Young@ heart” geht bei Sat.1 in Serie: In „Forever Young” findet sich ein Rentner-Chor.

Aus der Masse billiger Eigenproduktionen ragen drei Filme heraus: „Die Frau des Schläfers” mit Yvonne Catterfeld setzt Terror-Angst in einen Thriller um. „Die Wanderhure” und „Die Säulen der Erde” basieren auf Erfolgsromanen. Hoffnungen setzt Bartl vor allem auf Ken Folletts Kathedralen-Epos. Kein Wunder, bei der Mammut-Produktion führten die Hollywood-Stars Ridley und Tony Scott Regie.

Gelingen könnte Bartls Versuch, den sonntäglichen Serienerfolg auf einen weiteren Wochentag zu übertragen. Der Sat.1-Chef denkt dabei eine Kombination von „Navy CIS L.A.” und „Criminal Minds”. Auch Kino-Hits wie „Keinohrhasen” garantierten zuletzt Erfolg. Daran will Bartl anknüpfen mit „Narnia” und der „Indiana Jones”-Reihe.

Das Konzept hat seinen Preis, buchstäblich: Quote kann sich der Sender nicht zusammensparen. Sat.1 investiert vielmehr vorsichtig. Bartl spricht von „Umschichten der vorhandenen Mittel“.

Ob Bartls Plan funktioniert, zeigt sich spätestens nach der WM. Wenn dann die Quoten nicht galoppieren, gerät am Ende der Chef wohl selbst unter die Hufen.