Mainz. .

Nie zuvor wurden Nachrichten so schnell verbreitet wie heute. Digitale Dienste wie Twitter machen’s möglich. Doch Fluch und Segen der neuen Technik liegen dicht beieinander. Kein Wunder, dass Vertreter von Fernsehen und Hörfunk, Agentur-Journalismus und Internetportal eine „Rückbesinnung auf alte Tugenden“ forderten: Gründlichkeit vor Schnelligkeit.

An den 25. Juni vorigen Jahres erinnert sich dpa-Chefredakteur Wolfgang Büchner nur ungern, wie er am Montag bei den Mainzer Tagen der Fernsehkritik bekannte – gerade weil eine Nachricht mit Sensationswert auf den Markt kam. Sie handelte von einem Superstar, und sie handelte von seinem tragischen Ende: Michael Jackson, der selbst ernannte King of Pop, war tot.

Eine ungute Rolle spielte dabei der Internet-Dienst Twitter. Twitter ermöglicht seinen Nutzern, eine Art öffentliches Mini-Tagebuch zu führen. Der Dienst kam vor gut vier Jahren auf den Markt, eingeführt von einer kalifornischen Firma, die seither einen digitalen Goldrausch erlebte. Wer mag, kann in Echtzeit mit jeweils 140 Zeichen mitteilen, was ihn umtreibt. Dabei können Nutzer ihren Namen benutzen, müssen aber nicht.

Genau das ließ dpa in eine Falle tappen. Zu den Fans, die um Michael Jackson trauerten, schien auch der britische Außenminister David Miliband zu gehören. Allein, die Geschichte stellte sich alsbald als Falschmeldung heraus. Ein Spaßvogel hatte sich Milibands Namen gewissermaßen als Pseudonym zugelegt. Büchner und Kollegen haben aus dem Vorfall gelernt. Claudia Spiewak von NDR Info sieht seither in Twitter „keine solide Quelle, sondern nur einen Hinweis“. Auch der Leiter des ZDF-Hauptstadtbüros Peter Frey, der am 1. April die Nachfolge seines abgewählten Vorgängers Nikolaus Brender antritt, kommt zu der Erkenntnis: „Wir werden gegenüber den nicht-professionellen Reportern immer stärker in Rückstand geraten.“ Aber Frey sagt es ohne Bedauern. Er gibt sich überzeugt davon, dass „Analyse und Vertiefung von Nachrichten der entscheidende Faktor“ für das Publikum seien.

Der Chef von sueddeutsche.de, Hans-Jürgen Jakobs, sekundierte. Zwar habe das 24-Stunden-Medium Internet das Tempo gerade bei transatlantischen Themen erhöht, dennoch plädiert auch er für vertiefende Recherche und die „Geschichten hinter den Geschichten“. Und die erfordern Zeit.