Essen. .
Die Lebensgeschichte von „Dr. Hope“ schrie förmlich nach einer Verfilmung. Doch Heike Makatsch als Hauptdarstellerin ist eine grandiose Fehlbesetzung. In dem Film kämpft sie dafür, Ärztin zu werden - ein dramatisches Kapitel deutscher Geschichte, jedoch stark pilcherisiert.
Wow, was für eine Frau! Hope Bridget Adams Lehmann (1855-1916) ging, wenn’s sein musste, durch Wände. Es musste oft sein. Die Deutsch-Britin studierte als erste Frau in Deutschland Medizin – gegen alle Widerstände. Kämpfen musste sie auch um Doktortitel und Zulassung als Frauenärztin. Kämpfen musste sie auch um Doktortitel und Zulassung als Frauenärztin. Kämpfen wollte sie für den Frieden. Die Lebensgeschichte von „Dr. Hope“ (Mo./Mi., ZDF, 20.15 Uhr) bat nicht um Verfilmung – sie schrie danach. Allein, der Zweiteiler ist zum Heulen.
Fangen wir beim Ende an. Die letzte Szene zeigt eine der ersten Patientinnen der streitbaren Medizinerin. Die Frankfurterin aus dem Arbeitermilieu bedankt sich beim unerwarteten Wiedersehen in München artig für Therapie und Tipps, die ihrer Familie zuteil wurde. Die Beinverletzung ihres Sohnes sei leider zu spät behandelt worden, doch jetzt, beim Ausbruch des Ersten Weltkrieges, rette sie sein Leben. Dr. Hope indes, bleich, von Tbc schon schwer gezeichnet, geht dem Tod entgegen. Man entschließt sich zu schlendern.
Lapidares Ende
Der Zweiteiler von Regisseur Martin Enlen endet damit so lapidar, um nicht zu sagen: läppisch, wie er beginnt. Noch nie wurden eine derart beeindruckende Persönlichkeit und ein derart dramatisches Kapitel der deutschen Sozialgeschichte so sehr pilcherisiert wie in diesem Film.
Regisseur Enlen, unheilvoll unterstützt vom Drehbuch-Trio Katrin Tempel, Torsten Dewi und Christoph Callenberg, lässt Geschichte und Historie aus der Hoch-Zeit der sozialen Kämpfe dahinplätschern, in biederer Chronologie, als wolle er den Titel einer französischen Komödie bebildern: Das Leben ist ein langer, ruhiger Fluss (aber voller Hindernisse). Die Stromschnellen aber nehmen nur diejenigen wahr, die in Geschichte aufgepasst haben. Der Rest des Publikums mag sich wundern, wie leicht „Dr. Hope“ an jedem Strudel vorbei schwimmt.
Das liegt an einer grandiosen Fehlbesetzung: Heike Makatsch. Sie ähnelt dem historischen Vorbild in keiner Weise: Während sich die wahre Dr. Adams Lehmann, mit kurzem Haar und strengem Blick, ihren Weg mit der Wucht einer Planierraupe gebahnt haben muss, lächelt Makatsch, blond, blauäugig, schmollmündig, jeden Widerstand hinweg. Doch sollte er bestehen bleiben, wirkt ihr Zorn weniger hoch emotional, eher tief beleidigt.
Glamour soll Quote bringen
Das Publikum braucht nur wenig Fantasie, um zu begreifen, warum Makatsch und nicht etwa eine Charakter-Darstellerin wie Nina Kunzendorf die Vorzeige-Medizinerin mimen durfte: Makatsch steht, spätestens seit „Hilde“, für Glamour, und Glamour soll Quote bringen, um die hohen Produktionskosten des aufwendig kostümierten Historienschinkens zu rechtfertigen.
Die Tragik des Melodrams besteht auch darin, dass Makatsch von Kollegen umgeben ist, die können, was ihr abgeht: vielschichtig spielen - allen voran Martin Feifel als Hopes zweiter Gatte, der für den Sozialismus mindestens genauso glüht wie für seine Patienten, und Inka Friedrich als Clara Zetkin mit rebellischer Lebensfreude. Auch der ewige Gegenspieler der Frauenrechtlerin macht auf ihre Kosten Punkte: August Zirner als Ober-Macho Ludwig von Arnstetten, beinhart, kaisertreu, jedwedes Mitgefühl fehlt.
Es droht der Prozess
Bereits an der Uni in Leipzig machte Arnstetten „Hope“ das Leben schwer, auch in München bleibt er sich treu. Als Gutachter vor Gericht befindet der alte Herr über Wohl und Wehe seiner inzwischen ebenfalls in die Jahre gekommenen Kollegin: Das ist der dramatische Höhepunkt, den Enlens Film nach einem unbarmherzig langen Anlauf im zweiten Teil endlich erreicht.
Der geradlinigen Ärztin droht ein Prozess, weil sie Frauen in schwieriger, zuweilen lebensbedrohlichen Situationen bei der Abtreibung half. Die Hebammen klagen. Vordergründig geht es um Moral. Doch bereits bei der Zeugenvernehmung wird klar: Die Hebammen sehen Einkünfte, ja Existenz durch die erfolgreiche Gynäkologin bedroht. Es ist zum Heulen.