Erfurt/Essen. Thomas Gottschalk griff in die Überraschungstüte - und holte eine lockere und frische 187. Ausgabe von "Wetten, dass...?" heraus. In der ZDF-Show am Samstagabend glänzten Matthias Schweighöfer, Wladimir Klitschko und ein balancierender Maschinenbaustudent aus München mit Luftballons.

Wenn man nicht merkt, dass Thomas Gottschalk 20 Minuten überzogen hat, wenn man sich dicke mit dem Wettsieger über das neue Auto freut, wenn man sich ärgert, dass Wladimir Klitschko und Matthias Schweighöfer nur kurz gemeinsam auf der Couch albern durften – dann muss „Wetten, dass…?“ sehr gut gewesen sein. Und genau so war es. Moderator Gottschalk legte einen seiner besten Auftritte seit vielen Jahren hin und die ZDF-Show sorgte endlich wieder für das, wofür sie in den 80ern und 90ern nahezu allein in Fernsehdeutschland stand: nämlich beste Unterhaltung.

Frisch und ungezwungen

Die Sendung aus der Messehalle Erfurt war frisch und ungezwungen. Der 59-jährige Gottschalk, der DIE Samstagabendshow schlechthin seit 1987 (mit einer Pause 1992/93) präsentiert und zuletzt wegen seiner ausgefallenen Klamotten mehr peinlich denn selbstbewusst wirkte, hatte offenbar wieder richtig Lust: auf das knapp dreistündige Programm, auf die gebuchte Musik, auf die geladenen Gäste. Besonders auf KISS (gleich zwei Auftritte), die Italienerin Sophia Loren und Kevin Costner, der neuerdings auch singt, das aber besser sein lassen sollte, war der große Blonde stolz.

Costner lobte er etwa für den fast vergessenen Film „Waterworld“, mit Loren schwärmte er von den guten alten Zeiten, den KISS-Bassisten Gene Simmons ließ er seine lange Zunge zeigen und quatschte mit ihm auf Deutsch. Doch Loren, Costner und die amerikanischen Rocker gehörten zum unteren Durchschnitt dieser Sendung, in der glücklicherweise die jüngeren Gäste das Tempo anzogen.

Direkt, naiv und frech

Der Besuch des zigfach ausgezeichneten Schauspielers Matthias Schweighöfer (28/u.a. zweimal Goldene Kamera) war ein Segen für die Show. Er strahlte übers ganze Gesicht, bespaßte mit seiner direkten, naiven und frechen Art die Zuschauer, es machte Laune, ihm zuzusehen und zuzuhören. Zwischendurch aber machte er wohl zu viel Witze, Gottschalk schickte ihn hinaus aus dem Rampenlicht hinter die Schulterkamera: „Du stiehlst mir hier die Show“.

Naja, der offizielle Grund war der, dass Schweighöfer seine Wettschuld einlösen musste. Er hatte vorhergesagt, dass die zehnjährige Sophia Heesch es nicht schaffen würde, mit dem Mund Star-Wars-Lego-Figuren zu erkennen. Sie aber leckte und lutschte sich erfolgreich zum Yoda, und Schweighöfer schwitzte an der Kamera.

Auch die „Bauer sucht Frau“-Blondine Inka Bause tat „Wetten, dass…?“ gut, zusammen mit Schweighöfer entstaubte sie die Uralt-ZDF-Couch mit ihrer ostdeutsch-selbstironischen Unbekümmertheit. „Wir versuchen die Bauern vor der Presse zu schützen“, gluckste sie über ihre RTL-Sendung. „Dann sind alle happy und glücklich.“ Über ein Video aus dem Juli 1989 – ein früher und komischer Auftritt Bauses als Schlagersängerin – lachte sie mit dem Publikum. Für weit bessere Musik sorgten die Pet Shop Boys und Jan Delay („Disko“). Jan Delay hatte Gottschalk, der von den Tänzerinnen mit Rastalocken begeistert war, cool angeblafft: „Nicht anfassen!“

Doktor, Boxer und Zauberer

Schade nur, dass Wladimir Klitschko so spät in die Show kam. Der ukrainische Doktor, mehrfache Boxweltmeister und Hobbyzauberer sah im weißen Hemd mit schwarzer Krawatte, schwarzem Anzug und lässigem Dreitagebart nicht nur unverschämt gut aus, er weckte Gottschalk nach einer mäßigen Dreiviertelstunde mit Costner, Loren, einer Loch-Bohr- und einer Bagger-Außen-Wette wieder rechtzeitig zum großen Finale auf.

Klitschko, der nebenbei seinen nächsten WM-Kampf (20. März in Düsseldorf) ankündigte, alberte mit Gottschalk über die russische und ukrainische Namensgebung („Wie heißt dein Vater?“ – „Hans.“ – „Dann würdest du bei uns Thomas Hansevitch Gottschalk heißen.“) und flirtete aufs Feinste mit Michelle Hunziker – ach ja, die gab es auch noch. Doch Hunziker – und das ist in ihrem Falle ein Kompliment – fiel kaum auf. Und das, obwohl sie Gottschalk einige Male ins Wort fiel. Hunziker sah schön aus, war zuvorkommend und freundlich, parlierte mit Sophia Loren in Italienisch und kümmerte sich um die Wettpaten. Der Nervfaktor, der bei der Schweizerin erfahrungsgemäß bedauernswert hoch ist, blieb diesmal locker im Erträglichen.

Ein Hauch von Romantik

Und wie es sich zu einer guten „Wetten dass…?“-Ausgabe gehört, waren auch die Wetten bemerkenswert gut. Die nette Star-Wars-Kinderwette stand nicht zur Wahl und machte dadurch den Weg frei für das Krankenhauspärchen, das herunterfallende OP-Instrumente am Klang erkennen konnte und den Maschinenbaustudenten Bernd Hassmann. Der Münchener balancierte auf einem Band („Slackline“) und hüpfte von dort aus gekonnt Luftballons mit dem Hintern aus.

Dass seine nichtsahnenden und überraschten Großeltern im Erfurter Publikum saßen und er am Ende als Wettsieger mit feuchten Augen in den schicken Audi einsteigen konnte, hatte sogar was von Romantik. Dafür gab’s den Klassiker à la Thomas Gottschalk: „Rrrreschpekt!“