Berlin. Zusehen und anrufen war gestern. Im Zeitalter des Web 2.0 braucht es etwas mehr, um die junge Zielgruppe an eine Mitmach-Fernsehsendung zu binden. Mit einer neuen Personality-Show soll Moderatorin Nadine Vasta den Jugendsender Viva ins Zeitalter der Social Networks führen.
Als "seelenlos" bezeichnete die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" einmal den damals noch in Köln beheimateten Musiksender Viva. Zu einem Zeitpunkt, als dort durchaus noch eigenes Programm ausgestrahlt wurde. Nach dem folgenden Verkauf an den US-Konzern Viacom und dem damit verbundenen Umzug nach Berlin hat der Sender seine Originalität weitgehend eingebüßt. Selbstproduzierte Sendungen sind längst Mangelware, viele mussten günstiger eingekauften US-Formaten weichen. Ein klassischer Musiksender ist Viva schon lange nicht mehr.
Eine Personality-Show mit neuer Moderatorin soll dem Sender nun wieder etwas Profil verleihen. Für diese Aufgabe auserkoren wurde Nadine Vasta. Die 25-Jährige ist jedoch mehr als nur ein neues Gesicht in einem neuen Format. Sie soll Viva nicht nur Seele einhauchen, sondern das alte Medium Fernsehen mit den neuen Medien verbinden. Das Konzept des einstigen Aushängeschilds "Viva Interaktiv" - zusehen und anrufen - reicht in Zeiten des Web 2.0 nicht mehr aus, um die Zielgruppe an den Sender zu binden. Ohne multimediale Aufmachung lässt sich kein Teenager mehr vom PC weglocken. Die am Freitag (3. Juli, 21.00 Uhr) startende Show "Vasta" steht entsprechend ganz im Zeichen des sozialen Netzwerkens.
Vasta ist ihre eigene Redakteurin
Vasta bloggt. "Ich nehme das Handy und berichte über meine Hobbys", erklärt sie. Über Twitter und ihre Internetseite können die Zuschauer verfolgen, was die ausgebildete Sängerin, Tänzerin und Schauspielerin gerade macht. "Ich hoffe, dass ich so spannende Sachen erlebe, dass die Leute auch Interesse daran haben." Freitags präsentiert die Halbitalienerin die Fotos und Videos dann eine Stunde lang als Höhepunkte ihrer Woche. Vom Sender gebe es keine inhaltlichen Vorgaben, "ich bin meine eigene Redaktion".
Die Redakteurin Vasta lässt der Moderatorin Nadine alle Freiheiten. Das soll auch dem zuletzt vernachlässigten Musikfernsehen zugute kommen. "Wer hat schon die Freiheit zu sagen: Ich spiele hier Videos, die normalerweise nicht gespielt werden?" Besonders mit Indiebands oder Newcomern, denen woanders keine Plattform geboten werde, wolle sie Gespräche führen.
Darüber, wie sie zu Viva kam, würde Nadine Vasta gerne Anekdoten von der Besetzungscouch oder reichen Eltern erzählen, sagt sie unvermittelt. Die Geschichte sei aber "wirklich total langweilig". Im Dezember hatte sie an einem Casting teilgenommen. "Irgendwann, als ich dann dachte: 'Ok, bei Viva kriegt man nicht mal ne Absage, das war's dann wohl', hab ich dann tatsächlich einen Anruf bekommen." Danach habe sie einige schlaflose Nächte verlebt, "weil ich nicht wusste, was geplant ist - hätte ja auch ein Call-In sein können!"
Peinlichkeiten sind ihr fremd
Dass sie künftig weder zwielichtige Gewinnspiele moderiert noch Musikvideos ansagt, eröffnet der Quereinsteigerin viele Möglichkeiten. Die will sie nutzen, um unterwegs in Rollen zu schlüpfen, die sie einst im Sat.1-Comedyblog ausprobiert hatte. "Das war eine super Übung", sagt sie und fügt freimütig hinzu: "Das ging auch total oft schief und es war auch echt nicht lustig." Von daher sei es zu verschmerzen, dass "all diese Sachen leider keiner gesehen hat". Dass einige Figuren dennoch hin und wieder auch bei "Vasta" auftauchen sollen, beweist, dass der Moderatorin Peinlichkeiten fremd sind.
Dafür wurde sie ausgebildet. Nach dem Abitur im heimischen Remscheid studierte die 25-Jährige an der Hochschule für Musik und Theater in Hamburg Darstellende Kunst. Die Basis dafür legte ihr sizilianischer Vater, als er versehentlich Studiotechnik aufkaufte. "Das klingt, als wäre mein Vater irgendwie blöd, der ist nicht blöd!"
Über das anfangs ungenutzte Studio im Keller entdeckte die damals 12-Jährige ihre Leidenschaft zur Musik. "Ich habe damals Laura Pausini nachgemacht. Dann kamen die Schülerband, die Sommer- und Stadtfeste." Es folgte die Schauspielerei. Nach einer Audition, "von der ich gar nicht wusste, was das ist" spielte sie neben der Schule mehrere Jahre in Oberhausen und Wuppertal Theater.
Ohne Handy in die Sauna
Die Bühnenerfahrung sei eine gute Schule gewesen, auch in Hinblick auf ihre Live-Show, denn "man muss einfach immer weitermachen, auch wenn was Unvorhergesehenes passiert". Sorge, in Blog und Sendung zu viel von sich preiszugeben, hat Vasta nicht. "Es hat nichts mit einer Realityshow zu tun", sagt sie. "Und wenn ich keine Lust habe, gehe ich ohne mein Handy in die Sauna." (ddp)