Berlin.

Ein neues Gutachten scheint den inhaftierten Wettermoderator Jörg Kachelmann zu entlasten: Die Aussagen seiner Ex-Freundin, die Kachelmann wegen Vergewaltigung angezeigt hatte, erschienen der Psychologin zweifelhaft, berichtete „Spiegel Online“ am Samstag. In ihrer Glaubwürdigkeitsexpertise komme die Bremer Gutachterin Luise Greuel zu dem Schluss, dass die Schilderung der Tat durch das mutmaßliche Opfer „nicht die Mindestanforderungen an die logische Konsistenz, Detaillierung und Konstanz“ erfülle.

Die Staatsanwaltschaft muss sich nun fragen lassen, ob sie sich nicht vorschnell festgelegt hat. Das Glaubwürdigkeitsgutachten gab sie dem Bericht zufolge erst am 15. April in Auftrag. Da saß Kachelmann bereits über drei Wochen in Untersuchungshaft. Laut Spiegel (Printausgabe) reagierte sie damit nur auf ein Gutachten von Kachelmanns Verteidigung. Ursprünglich habe der junge Staatsanwalt Lars-Torben Oltrogge dem Gericht die Entscheidung auf eine psychologische Untersuchung der Belastungszeugin überlassen wollen. Erst am vergangenen Mittwoch ging das Ergebnis laut Spiegel Online bei der Staatsanwaltschaft Mannheim ein, doch schon am 19. Mai hatte sie Anklage erhoben.

Im Kachelmann-Gutachten heißt es nun, das mutmaßliche Opfer könne die Tat selbst bei eingehender Befragung nur vage und oberflächlich wiedergeben. Es würden auch Sachverhalte dargestellt, die handlungstechnisch unwahrscheinlich bis unmöglich seien. Zum Beispiel, dass Kachelmann seiner Ex-Freundin während der gesamten Tat ein Tomatenmesser an den Hals gehalten haben soll.

Zwar ist damit nach Angaben der Gutachterin keineswegs eine Falschaussage erwiesen. Die nötige Zuverlässigkeit der Aussagen sei aber nicht gegeben. Zudem soll das mutmaßliche Opfer auch gelogen und erst in der vierten Vernehmung unter dem Druck der Beweislage zugegeben haben, in zwei Punkten die Unwahrheiten gesagt zu haben.

Den Tathergang in der Nacht vom 8. auf den 9. Februar hatte die Ex-Freundin zunächst so geschildert: Ein anonymer Brief mit zwei Kopien von Flugtickets auf den Namen Kachelmanns und einer Geliebten habe sie darauf hingewiesen, dass der Moderator eine andere habe. Sie habe ihn zur Rede gestellt, er sei durchgedreht. Laut Spiegel war die Ex-Freundin Kachelmann allerdings schon lange zuvor auf die Schliche gekommen und hatte sich den anonymen Brief selbst geschrieben.

Tatsächlich soll der Wetterfrosch mindestens drei Beziehungen zugleich geführt haben. Und die mit dem mutmaßlichen Opfer war keinesfalls eine feste; obwohl man sich schon 1998 kennenlernte, sahen die beiden sich vor allem in Hotels oder bei ihr in Schwetzingen zu hauptsächlich erotischen Treffen. Die Ermittler werteten laut Spiegel Chat-Protokolle aus: Demnach hatte die Frau sich zuletzt Hoffnungen auf ein Zusammenleben gemacht. Kachelmann habe dazu ausgesagt, er müsse sie nachträglich um Verzeihung bitten, er habe ihr sicher nicht klar gemacht, dass er keine Perspektive für sie sehe.

Auch weitere, objektive Indizien der Anklage scheinen zweifelhaft: Laut einem Bericht des Landeskriminalamts Baden-Württemberg lässt sich nicht mehr feststellen, ob die Blutspuren am möglichen Tatmesser von der Frau stammten oder womöglich von einem Tier. So winzig sei die Spur.

Zwei weitere rechtsmedizinische Gutachten kommen überdies zu dem Schluss, die Verletzungen der Frau ließen sich nicht eindeutig einer Fremd- oder Selbstverletzung zuordnen.