Essen.

Am Sonntag, um 22 Uhr, stapfen Gummistiefel über den sorgfältig geharkten Kies vor dem Herrenhaus. Ein schwarzer Handschuh teilt die adrett gestutzten Rosen vor dem Fenster mit den Butzenscheiben, dann fällt ein Schuss -- und wir kuscheln uns gemütlich zusammen auf dem Sofa im Fernsehzimmer, denn wir wissen: Er wird es richten, der gute Mensch von Causton, Beschützer von Badger’s Drift und Herrscher über die Grafschaft Midsomer. Er wird den Übeltäter mit den schwarzen Handschuhen überführen, in exakt 90 Minuten, die anderen drei Todesfälle, die sich gewöhnlich zum blutigen Auftakt dazu gesellen, natürlich auch, und er wird dabei nicht ins Schwitzen kommen. Denn er ist Barnaby. Inspektor Barnaby.

Er ist schon sehr englisch, dieser Inspektor. Man ist nie sicher, ob der Pilcher-Film, der oft vor diesem Krimi läuft, diesmal Überlänge hat. John Nettles, der den Inspektor spielt, siedelt den Erfolg einer Serie mit 80 Folgen, die in rund 200 Ländern verkauft wurde, genau hier an: „Das ist eben das klassische Wer-hat-es-getan-Muster, dem schon Agatha Christie oder Conan Doyle folgten. Und wir feiern natürlich auch ein wenig das Klischee vom englischen Dorfleben. Alle Welt glaubt ja sowieso, dass die reizende alte Dame mit den silbernen Haaren, Stütze des Kirchenchors, in Wahrheit eine gemeingefährliche Messermörderin ist.“

Bei so vielen Toten müsste Midsomer längst entvölkert sein

So ist es. Und deshalb wundert sich der Barnaby-Fan eben nicht über die zuweilen etwas konstruierten Fälle, zählt auch nicht mehr zusammen, dass das liebliche Midsomer bei durchschnittlich vier Toten pro Sendung längst entvölkert sein müsste, sondern delektiert sich am Porträt eines Landlebens, das „vielleicht so nie existiert hat“, wie John Nettles im Interview mit uns zugibt. Hier gibt es sie aber noch, die Familie als starke Keimzelle, die intakte Dorfgemeinschaft -- und die strenge Autorität, die dafür sorgt, dass alles Unrecht garantiert bestraft wird.

John Nettles verkörpert ihn ganz wunderbar, den „Country Gent“, der sich mit einem Stirnrunzeln Respekt verschafft. Das Erfolgsrezept? „Es ist Barnabys Normalität, und seine Kontinuität. Er hat einen schrecklichen Kleidergeschmack, lebt in einem fürchterlichen Haus und fährt den langweiligsten Wagen der Welt -- aber er ist glücklich verheiratet und überhaupt nicht disfunktional. Außerdem: Er ist einer der wenigen normalen Menschen im Dorf.“

Nach 13 Staffeln ist Schluss - aber doch nicht so ganz

So geruhsam geht es zu in der Grafschaft Midsomer, trotz der zahllosen Bluttaten, die natürlich nie so richtig blutig daherkommen, dass man hofft, dass sie nie zu Ende geht, die Geschichte des Inspektor Barnaby. Deshalb müssen wir Fans jetzt ganz stark sein. Denn: Bald ist Schluss. „Nach 13 Staffeln dachte ich, jetzt ist die richtige Zeit, noch mal was anderes auszuprobieren.“ Doch die Serie läuft weiter, wie genau, ist noch ein Geheimnis. Nettles glaubt, dass Midsomer auch ohne ihn funktionieren wird.

Wie er sich verabschieden wird nach Folge 80, die bei uns wahrscheinlich erst in ein paar Jahren ausgestrahlt wird? „Sehr nobel. Eine Beisetzung in der Westminster Abbey mit allen militärischen Ehren! Aber im Ernst: Der gute alte Barnaby wird wahrscheinlich einfach in Pension gehen, wie es Polizeibeamte eben tun. Aber ein wenig Zeit bleibt ja noch bis zur letzten Folge, und vielleicht ändern wir das noch einmal.“ Wie auch immer: Wir werden ihn vermissen.