München. .
Den Bayern sagt man von je her einen Schuss Anarchie nach. Aufmüpfigkeit gegen die „Großkopferten“ gehört angeblich zum Volkscharakter. Auf die Probe wurde diese Ausprägung in den letzten Jahren einige Male gestellt, jüngstes Beispiel ist das per Volksentscheid beschlossene Rauchverbot, das die Vorstellung der Regierenden über den Haufen warf.
Nun könnte es ein weiteres Mal dazu kommen, dass sich das Volk widersetzt. Obwohl „die da oben“ doch nur Gutes wollen, sprich: einen Imagegewinn und blühende oder besser gesagt, Euro sprudelnde Landschaften. Die Bewerbung Münchens für die Olympischen Winterspiele 2018 hängt nach einer Pannenserie am seidenen Faden.
Promi-Faktor Bogner
Es fing alles sehr hoffnungsvoll an. Willy Bogner, gereiftes Idol der Skifahrergilde, Filmer und Hersteller von Sportartikeln, heuerte als Geschäftsführer der Bewerbungsgesellschaft an. Mit dem Promi-Faktor lassen sich finanzkräftige Sponsoren leichter an Land ziehen, war der Hintergedanke. Dass Monate später im stockkonservativen Alpenvorland, das mehrere stolze Olympiasieger hervorbrachte, ein Widerstandsfunke reichen würde, einen größeren Brandherd zu erzeugen, hatte Bogner nicht bedacht. Auch die anderen aus den Chefetagen rund um das Olympia-Bewerbungsspektakel nicht. Unbeschwert ging Bogner ans Werk, erleichterte etliche von der olympischen Idee begeisterte Sponsoren um 20 Millionen Euro. Ein Anfang war gemacht und das Olympische Komitee zufrieden.
Die gesammelte Summe klingt imposant, doch für das Projekt Bewerbung für die Olympischen Winterspiele wird das Doppelte gebraucht, errechneten die Fachleute. Das „Loch“ in dieser Sponsorenkasse ist eins der Probleme, gegen die der prominente Vorzeigemann zu kämpfen hat. Schließlich soll München als „Hauptstadt mit Herz“ präsentiert werden, fortschrittlich und ökologisch vorbildlich, ausgestattet mit bester Logistik und kurzen Distanzen zwischen den Austragungsorten. Klotzen statt Kleckern ist die Devise. Bogner erwartet eine „Garantie von der Politik, eventuelle Defizite auszugleichen“. Doch die gibt es nicht. Weder CSU-Ministerpräsident Horst Seehofer noch Münchens SPD-Oberbürgermeister Christian Ude zeigten Bereitschaft, ins Steuersäckel zu greifen.
So hängt der Ein-Euro-Jobber Bogner – so nennt er sich selbst – derzeit ein wenig in der Luft. Das Thema Sponsoring bleibt für ihn eine verdammt große Herausforderung. Bogner musste erfahren, dass der Geldbeutel nicht nur beim Staat, sondern auch in den Vorstandsetagen nicht mehr so locker sitzt.
Mancher Gönner mag im Laufe der letzten Wochen auch zurückgezuckt sein. Überall war nämlich zu lesen, wie dilettantisch die Verantwortlichen in den Kommunen Garmisch-Partenkirchens und Oberammergaus auf den Widerstand reagierten, der in einer Bewegung „Nolympia“ gipfelt. Dummerweise tat sich in selbstüberschätzendem Hochmut besonders der Garmischer Bürgermeister Thomas Schmid hervor. Seine Gegner werfen Schmid vor, er habe sich monatelang bei den knapp 80 Bauern und Hoteliers nicht blicken lassen. Deren Grund und Boden wird für die Spiele benötigt, Möglichkeiten auszuweichen gibt es nicht. Abwartende Zurückhaltung gegen den als arrogant beschriebenen Schmid habe sich in Ablehnung verwandelt.
Keine Petitesse
Nun ist die grüne Anti-Bewegung keine Petitesse mehr, die man als Zugeständnis an demokratische Kultur freundlich durchwinken könnte. Die Situation hat sich so sehr verhärtet, dass die Bewerbungsgesellschaft sich vor wenigen Tagen genötigt sah, in einem Argumente-Papier die „18 Irrtümer über die Olympia-Bewerbung“ aus ihrer Sicht darzulegen. Damit ist der Widerstand der dörflichen Grundstückseigentümer rund um Garmisch-Partenkirchen zum heikelsten Punkt in der ganzen Bewerbungsagenda geworden.
Als Bogner kürzlich in Verkennung der heiklen Lage den Problemgemeinden im Interview auch noch entgegenhielt, „wenn ihr die Spiele nicht wollt, kriegt ihr keine“, war das Maß voll. Als motivierend wurde der Satz jedenfalls nicht verstanden. Neuerdings ist auch vom Scheitern der Bewerbung die Rede. Seehofer und Ude versuchten vergangene Woche wacker, die Lage besser darzustellen als sie ist. „Auf dem langen Weg nach Olympia kommt auch mal ein Gewitter vorbei“, ulkte Ude. Seehofer befand, man habe „verschiedene Projekte in der Pipeline“. Welche, verriet er nicht. Ruhpolding, Inzell und Obersdorf scheiden aufgrund der wesentlich größeren Entfernungen nach Meinung der Planer aus.
Ein maßloser Kraftakt wird jedenfalls nötig sein, um die bröckelnden Sympathien bei diversen Mitstreitern zu festigen. „Bilaterale Gespräche auf Augenhöhe“ sollen jetzt mit den Grundstücksbesitzern geführt werden, sagt Bernhard Schwank von der Bewerbungsgesellschaft. Das klingt nach Anbahnungsgesprächen unter verfeindeten Staaten.