Essen. Zungenbrecher-Übungen im Negligé, „schickes“ Wälzen im Schlamm – surrealer ging es bei Heidi Klums selten zu. Das bei Casting-Shows so beliebte gegenseitige An-den-Pranger-stellen funktionierte bei „Germany’s Next Topmodel“ nur zum Teil.

Mit „Germany’s Next Topmodel“ verhält es sich ein bisschen wie mit der Schlagerszene – man weiß nie so recht, ob man sie harmlos-bescheuert oder unheimlich finden soll. Für die Unheimlichkeitstheorie spricht in beiden Fällen eine gewisse Selbsthypnose der Beteiligten. Irgendwann scheinen alle selbst zu glauben, dass sie am richtigen Ort sind und etwas Aufregendes tun.

Im Falle von GNTM läuft das auf so manche Text-Bild-Schere hinaus. Ein Beispiel aus der gestrigen Folge: Eine Kandidatin darf für einen Hersteller von Milchprodukten werben. Der ganze Spot besteht aus genau zwei Einstellungen: Model springt über Blumenwiese, Model isst Joghurt. So weit, so banal. Ein paar Minuten später sehen wir, wie dieselbe Kandidatin ihren Konkurrentinnen in die Arme fällt und mit leuchtenden Augen verkündet: „Ich musste voll viel machen!“ Auch die PR-Frau der Firma kann die Komplexität des Zwei-Teile-Spots nur im Fachjargon erklären: „Jetzt folgt die Genussszene,“ sagt sie im Anschluss an die Wiesen-Aufnahme. „Die Genussszene heißt bei uns, dass das Produkt gegessen wird.“

Surreales Potenzial

Bevor wir uns missverstehen: An Werbespots für Joghurt ist nichts verwerflich. Im Gegenteil: Wenn man GNTM als bodenständiges Ausbildungslager für Werbe-Models versteht, sind solche Aufgaben der realistischste Teil der Sendung. Anders sieht es aus, wenn „Challenges“ wie diese nicht die gesamte Sendezeit füllen. Dann entfaltet die Sendung ihr fast schon surreales Potenzial.

Nehmen Sie das gestrige „Sprechrollen-Training.“ Aufgabe der Kandidatinnen: Meistern Sie einen Zungenbrecher. Nun könnte das Ganze mit viel Fantasie vielleicht noch als logopädische Übung durchgehen. Bleibt allerdings die Frage, warum die Models beim Aufsagen ihrer Fischers-Fritz-Zeilen in der Badewanne liegen oder sich im Negligé auf dem Bett räkeln (was die Kamera beides mit Weichzeichner einfängt). Das Ganze war so bizarr, dass man sich als Zuschauer fragen konnte, ob gleich der stereotype Handwerker anklopft, um mal nach dem Rechten zu sehen.

„Schick und elegant“ im Schlamm

Beim nächsten Shooting ging es in die kalifornische Wüste. Dort hatten Klum & Co. eine Schlammgrube ausgehoben, in der sich die Models zunächst suhlen mussten. Auftritt Gilles Bensimon, Modefotograf mit einigem Renommé. So ganz ohne unfreiwillige Komik ging es auch hier nicht. Wie man sich in voller Schlammmontur „schick und elegant“ bewegt, wie von Bensimons gefordert, bleibt jedenfalls sein Geheimnis.

Allzu ernst muss man Szenen wie diese nicht nehmen. Schwerer wiegt da schon das gegenseitige An-den-Pranger-stellen – ein Trick, der bei GNTM immer dann zum Einsatz kommt, wenn die Models zu nett zueinander sind, das Konkurrenzprinzip und den Gameshow-Faktor vergessen. Und so waren alle Kandidatinnen dazu aufgerufen, zwei Mitbewerberinnen zu nennen, die ihrer Meinung nach nicht ins Finale gehören.

Das künstliche Herauskitzeln von Nickligkeiten funktionierte nur zum Teil. Ein paar Models nannten Namen, verzichteten aber auf die von Klum (peinlicherweise) geforderte Negativ-Begründung. Kandidatin Alisar weigerte sich sogar ganz, Konkurrentinnen in die Pfanne zu hauen – ein kleiner Akt der Zivilcourage gegen das Klumsche Regime. Am Ende durfte sie trotzdem eine Runde weiter. Für die Konkurrentinnen Leyla und Pauline war dagegen Schluss. Ein Glück für beide.