Essen. „Mogadischu” hin, „Der Baader Meinhof Komplex” her – Nadja Uhl zählt zu den besten Schauspielerinnen der Republik. Im Gespräch mit Jürgen Overkott verriet die 37-Jährige, wie es ihr in der Schwangerschaft geht, wie sie die Balance zwischen Familie und Beruf schafft, und was sie gelassen macht

Auf die Idee, Schauspielerin zu werden, brachte sie eine Lehrerin. Die hatte ein gutes Auge: Nadja Uhl ist vielbeschäftigt und hat zum Beispiel im Jahr 2000 auf der Berlinale den Silbernen Bären für ihre Leistung in "Die Stille nach dem Schuss" gewonnen und 2004 Grimme-Preis für "Das Wunder von Lengede". Gerade hat Uhl eine besondere Rolle: werdende Mutter.

Sie erwarten bald Ihr zweites Kind. War die Schwangerschaft anders als beim ersten Mal?

Nadja Uhl: Na ja, man nimmt es sportlicher. Wenn man schon ein Kind hat und seinen Alltag darauf umstellen musste, weiß man: Das Leben wird etwas chaotischer. Beim zweiten Kind zelebriert man nicht mehr alles.

Wie beherrschen Sie das Chaos?

Nadja Uhl: Wir haben Unterstützung – und zwar die Unterstützung unserer Oma. Sie ist einer unserer Stützpfeiler. Noch ist es uns nicht gelungen, sie in unser Haus zu locken. Sie ist eine dieser modernen Omas, die viel vor haben und selbstständig leben wollen. Das sage ich mit einem Augenzwinkern. Aber ganz ernst meine ich: Ohne meine Schwiegermutter ginge nichts. Ich bin sehr froh darüber, dass wir sie haben.

Chaos zu managen bedeutet, improvisieren zu können. Ist das eine Stärke von Ihnen?

Nadja Uhl: Improvisieren, ja, das kann ich. Aber ich empfinde es nicht immer als Stärke. Wissen Sie, wenn ich als Schauspielerin erzählen würde, dass alles immer perfekt läuft, alles funktioniert, dann erzeuge ich ein Bild, das andere nur frustriert. Das tägliche Scheitern ist programmiert. Was mir dabei hilft, ist Humor.

Sehen Sie sich als Mensch mit sonnigem Gemüt?

Nadja Uhl: Ich glaube, der Galgenhumor ist purer Selbsterhaltungstrieb.

Gut, manche Menschen hängen in schwierigen Situationen richtig durch.

Nadja Uhl: Ich hänge auch in manchen Situationen durch, bin völlig erschöpft. Aber ich finde es unverzeihlich, im Hinblick auf meinen Beruf und im Hinblick auf meine Tochter, sich da so richtig reinzuwerfen, dass man nicht mehr rauskommt. Das ist dann für mich eine Frage der Disziplin.

War es Disziplin, die Ihnen ermöglicht hat, schon in Schülertagen zu sagen, ich will Schauspielerin werden, und dieses Ziel auch zu erreichen?

Nadja Uhl: Das hat sich in einer Laienspielgruppe ergeben. Das war keine bewusste Entscheidung von mir. Die damalige Leiterin brachte mich auf die Idee. Sie fragte mich, ob ich mir vorstellen könnte, Schauspielerin zu werden. Es waren in meinem Leben immer Dritte, die mir geholfen haben. Auch heute ist das noch so, Regisseure, Drehbuchautoren, Castingfrauen, die etwas in mir sehen, was sie fördern wollen. Disziplin ist entscheidend, wenn es um die Umsetzung geht. Wichtig sind aber vor allem Freude und ein spielerischer Ehrgeiz.

Sie spielen Top-Rollen. Wie schaffen Sie es, die Entscheider zu überzeugen?

Nadja Uhl: Ich weiß es nicht, ich weiß es wirklich nicht, und das ist nicht kokett gemeint. Ich bin wirklich dankbar, dass es so gekommen ist. Und das ist für einen Schauspieler das Ehrlichste, was er in diesem Moment sagen kann – weil es eben nicht selbstverständlich ist. Ich versuche, den Erwartungen gerecht zu werden und die Situation auch für mich zu genießen. Ich versuche, mich von Leistungsdruck freizumachen und mich von Film zu Film, von Stück zu Stück voranzuarbeiten. Ich überlege ganz bewusst nicht: Was müsste denn danach kommen? Das ist meine Strategie, mich selbst nicht zu blockieren.

Was macht Sie gelassen?

Nadja Uhl: Mit 37 weiß ich doch, dass ich nicht immer nur durch die Sonne beschienen werde. Es gibt Enttäuschungen, es gibt Verlust, es gibt auch Liebeskummer. Bei aller Anstrengung, die meine Rollen erfordern, will ich nicht nur um mich selbst kreisen. Das hat weniger etwas mit locker zu tun als mit loslassen.

Nadja Uhl ist Mutter einer fast zweijährigen Tochter. Uhl ist am 26. Oktober, 20.15 Uhr, in dem ZDF-Film "Die Tote im Spreewald" zu sehen.