Essen. Die Dokumentation „Klima – Im Würgegriff der Ölkonzerne“, beschreibt die jahrzehntelange, weltweite Desinformationskampagne durch Öl-Unternehmen.
Extreme Trockenheit, starke Regenfälle, verheerende Überschwemmungen, schmelzende Polkappen, Stürme höchster Kategorie – die Beweise für den Klimawandel sind seit Jahren nicht mehr zu übersehen. Und doch streiten viele ab, dass unsere Lebensweise damit zusammenhängt. Was haben die großen Ölkonzerne damit zu tun?
Die zweiteilige Dokumentation „Klima – Im Würgegriff der Ölkonzerne“, die Arte heute ab 20.15 Uhr ausstrahlt, beschreibt die jahrzehntelange, weltweite Desinformationskampagne von Unternehmen wie ExxonMobil, Shell, Chevron und BP (kurz: „Big Oil“), die seit über 40 Jahren wissen, dass aus Erdöl gewonnene Kraftstoffe eine der Hauptursachen der Klimakrise sind.
Britische Dokumentation beginnt in den 80ern mit Exxon
Seit 150 Jahren spielen Öl und Gas eine entscheidende Rolle in unserer Gesellschaft. Ihr Einsatz hat das zweifellos Leben der Menschen verbessert, hat wirtschaftliche Entwicklungen forciert, hat „Big Oil“ aber auch, um mit Dagobert Duck zu sprechen, Fantastilliarden eingebracht.
Die britische Dokumentation, die auf über 100 im Laufe der Jahrzehnte mit Wissenschaftlern, Managern, Politikern und Lobbyisten geführten Interviews und vielen erst unlängst veröffentlichten Dokumenten basiert, beginnt in den 80ern mit einem kleinen Forscherteam bei Exxon. Der Konzern wollte selbst Untersuchungen zu Klimawandel und Treibhauseffekt betreiben, rüstete sogar einen Öltanker als Forschungsschiff aus, um die damals noch unklare Rolle der Ozeane für das globale CO2-Gleichgewicht zu ermitteln. Doch schon bald standen die wissenschaftlichen Erkenntnisse, die eine dringende Reduzierung des Verbrauchs fossiler Brennstoffe bedeuteten, gegen deren Interpretation durch Exxon. Angekündigt wurde zwar eine Klimakatastrophe, aber eben nicht deren Wann und Wie.
Hier setzten die Branche an, die zu schnellen Wandel fürchtete und sich in ihrer Existenz bedroht fühlte. Als das Thema Klimawandel, das bisher fast nur in wissenschaftlichen Fachzeitschriften behandelt worden war, in den Bereich der öffentlichen Politik gelangte, bliesen die Konzerne zum Gegenangriff. Zweifel wurden gesät, Zukunftsängste der Bürger geschürt. Medienwirksame sogenannte Experten, von Big Oil bezahlt, sahen in einem irgendwann vielleicht eintretenden Klimawandel „nicht das Ende der Welt“, die globale Erwärmung könne sogar vorteilhaft sein.
Entscheidend vorangetrieben wurde die Kampagne von zwei „Denkfabriken“, die von Koch Industries, einer der weltgrößten Raffinerien, ins Leben gerufen worden waren. Während „Citizens for a sound Economy“ (Bürger für eine gesunde Wirtschaft) die „Basis“ mobilisierte, brachte das „Cato Institute“ mit getürkten Videos und inszenierten Demonstrationen sogar ein von Präsident Bill Clinton geplantes neues Energiesteuer-Gesetz zu Fall.
Auch wenn inzwischen versucht wird, „Big Oil“ stärker zur Rechenschaft zu ziehen: Der Erfolg dieser Kampagnen wirkt bis heute nach. Über die Hälfte der US-Bürger jedenfalls glaubt nicht an Klimawandel, hält alle Warnrufe für schiere Angstmacherei.
Bewertung: vier von fünf Sternen