Hannover. Wotan Wilke Möhring feiert zehnjähriges „Tatort“-Jubiläum als BKA-Ermittler Thorsten Falke: Er ermittelt in einem starken Krimi-Drama.
Sie wohnen im sanierungsreifen Souterrain, sie spülen in der Küche des Restaurants das Geschirr, verlassen das Lokal stets durch den Hintergang oder schleppen nachts die Kisten über den Großmarkt. Und wenn sie das Land verlassen wollen, verstecken sie sich unter der Ladeklappe im Lastwagen und bringen sich in Lebensgefahr: afrikanische Flüchtlinge, die ohne Papiere schon seit Jahren unter uns leben. „Verborgen“ heißt der aktuelle „Tatort“ (ARD, Sonntag, 20.15 Uhr), und passender könnte der Titel nicht sein. Die Autorinnen Julia Drache und Sophia Ayissi und Regisseurin Neelesha Barthel leuchten für 90 Minuten mit der Taschenlampe in eine finstere Ecke hinein, die wir sonst zu gerne im Dunkeln lassen.
Ein Schleuser-Fall beschäftigt die Ermittler
„Uns gibt es gar nicht“, sagt Jon Makoni (Alois Mojo), der sich gegen den Willen seiner Frau Hope (Sheri Hagen) in seiner Verzweiflung doch an die Polizei wendet, weil ihr gemeinsamer Sohn seit Tagen
verschwunden ist. Jon lebt schon ewig in Hannover, aber als er sich ausweisen muss, weil man ihm sonst nicht helfen will, hat er nur die Jahreskarte eines ihm halbwegs ähnlich sehenden Mannes für den Öffentlichen Nahverkehr vorzuweisen.
Immerhin stößt er bei BKA-Ermittler Thorsten Falke (Wotan Wilke Möhring) und dessen Kollegin Julia Grosz (Franziska Weisz) auf Verständnis. Die kreuzen seinen Weg, weil das Verschwinden des Jugendlichen mit einem Schleuser-Fall zusammenhängen könnte, der die beiden gerade beschäftigt und der einen jungen Mann das Leben gekostet hat. „Papiere sind jetzt nicht so wichtig“, sagt Falke.
Nüchterner Blick in die Abgründe
Was diesen „Tatort“ in der Folge stark macht, ist, dass er sehr nüchtern in die Abgründe von Menschen blickt, von deren Träumen auf ein besseres Leben nur Ängste geblieben sind und die Hoffnung, den Alltag in dieser Schattenwelt irgendwie zu überstehen. Da bedarf es keiner pathetischen Zuspitzungen, um die Misere aufzudecken – und einen treffsicheren Seitenblick auf die Profiteure zu werfen, die sich um das Elend nicht scheren. Die zurückhaltende Inszenierung, die sich auch jeder folkloristischen Verklärung verweigert und drohende Klischees meistens umschifft, entfaltet so ihre Kraft.
Das Drama überlagert den Krimi
Neelesha Barthel kann sich dabei auf ein überzeugendes Ensemble verlassen, das die Tonalität des Films übernimmt und sich bei diesem Thema zu der so naheliegenden Theatralik nicht verführen lässt – Alois Mojo und Sheri Hagen ragen dabei als Paar heraus.
Das Drama, das den eigentlichen Krimi zu jeder Zeit überlagert, zeigt aber auch die Hilflosigkeit derer, die erkennen, was in der deutschen Flüchtlingspolitik alles schiefläuft. Die starke Szene, in der Falke Joe Makoni so etwas wie eine „Duldung“ in Aussicht stellt, trifft den Kern: Man spürt, wie peinlich berührt Falke den Satz hervorpresst, Wotan Wilke Möhring spielt das einfach sehr gut aus.
Für ihn und seinen Ermittler Falke, der vor zehn Jahren seinen ersten Auftritt im „Tatort“ hatte, ganz sicher ein würdiges Jubiläum.