Essen. Im Frankfurter Tatort: „Leben Tod Ekstase“ sind sechs Teilnehmer eines Psycholyse-Seminars plötzlich tot. Der umstrittene Dr. Goser aber überlebt

Den Polizisten an diesem Tatort verschlägt es einfach die Sprache. Denn vor ihnen liegen sechs Frauen- und Männerleichen. Sie haben offenbar alle an einer Psycholyse-Sitzung teilgenommen und sind während der Therapiestunde irgendwie ums Leben gekommen. Verantwortlich für dieses Massensterben ist der umstrittene Psychoanalytiker Dr. Adrian Goser (Martin Wuttke), der einzige Überlebende dieses Desasters.

Er ist bekannt dafür, eine besondere Form der Psychoanalyse durchzuführen, bei der psychedelische Drogen verwendet werden. Das Ziel soll sein, am Ende zu einer absoluten Selbsterkenntnis zu gelangen. Goser wollte bei dieser Zusammenkunft seiner getreuen Truppe den Weg zur „Dritten Ebene“ eröffnen.

„Tatort: Leben Tod Ekstase“ – ungewöhnlich und raffiniert

„Als hätte David Lynch ein Drehbuch von Helge Schneider verfilmt“, meinte ein überzeugter Kritiker über den Film „Der Bunker“ (2015) des deutsch-griechischen Regisseurs Nikias Chryssos (44). Wie ungewöhnlich und raffiniert er inszeniert, das beweist er nun mit dem „Tatort: Leben Tod Ekstase“ (Sonntag, 16. Oktober, 20.15 Uhr, im Ersten), dessen Buch er gemeinsam mit Michael Comtesse verfasst hat. Schon wie er die Bilder arrangiert, ist eine Kunst für sich. Hier sieht man gerade noch, wie Sanitäter versuchen, Goser per Defibrillator ins Leben zurückzubringen. In einem exakten Schnitt hört man plötzlich das Knallen einer Kugel im Tipp-Kicker, an dem der Kommissar Paul Brix (Wolfram Koch) spielt.

Später, vor Ort des Geschehens, ist er fest davon überzeugt, dass es sich bei Goser um den mutmaßlichen Täter handelt. Kollegin Anna Janneke (Margarita Broich) dagegen denkt ganz anders, sie kennt Bücher dieses Autors und möchte eher ambivalent bleiben.

Regisseur Chryssos versorgt den Zuschauer mit einer wahren Flut von neuen Erkenntnissen. Wer hatte je gedacht, dass dieser merkwürdige Goser die Filme von Arnold Schwarzenegger verehrt, die für ihn eine Art Lebenslinie darstellen.

Überhaupt: Was der Schauspieler Martin Wuttke aus dieser Figur macht, das ist eine schöpferische Leistung, wie man sie nur selten sieht. Im Kreis seiner Anhänger wähnt er sich als Guru einer verschworenen Gemeinschaft. In der U-Haft kann er ganz pragmatisch sein und versucht, mit den Ermittlern einen Grund für das Entsetzliche zu finden. Und manchmal kann er sogar ein Clown sein. Paul Brix jedenfalls hat eine solche Ader in ihm entdeckt.

Unheimliche Begegnungen im Keller

Tatsächlich hat es früher unter seinen Patienten bereits einen Selbstmörder gegeben, aber der hatte seinen Abgang einst penibel angekündigt. Von Ellen Jensen (Aenne Scharz) hat Goser seit einem halben Jahr nichts mehr gehört. Sie war eine Performance-Künstlerin, die in der Toskana einen Neustart wagen wollte. Gut kombinierte Rückblenden geben dabei Aufschluss über eine Frau, die eigentlich unentbehrlich gewesen wäre.

Der Film kommt zu seinem Höhepunkt, als Brix und Janneke gemeinsam mit Goser eine Begehung seines gesamten Hauses vornehmen. Für den Kameramann Jonas Schneider ist es eine besondere Aufgabe, die vielen Gänge des Hauses abzuschreiten, bis hinunter in den Keller. Dabei gibt es tatsächlich noch Begegnungen, denen man lieber aus dem Weg gegangen wäre.

Nikias Chryssos versteht es vorzüglich, die Spannung nach oben zu treiben, den Zuschauer nie zu entlassen. Ein intelligenter Plot wie dieser, der tut auch dem „Tatort: Frankfurt“ gut, der in der letzten Folge nicht gerade glänzte.

Bewertung: Fünf von fünf Sternen