Essen. Meret Becker bekommt einen grandiosen Showdown zum Tatort-Abschied. „Das Mädchen, das allein nach Haus‘ geht“ ist ihr 15. und letzter Fall.
Gab es im deutschen Fernsehen jemals einen so langen, mit jeder Sekunde mehr an den Nerven zehrenden Showdown wie es die Hetzjagd durch die kalten, menschenleeren Versorgungskeller und Betriebsanlagen des Berliner Flughafens BER ist? Mit der überwältigend ausgestalteten Schlusssequenz bescheren Ngo The Chau (Regie und Kamera) und Günter Schütter (Drehbuch) einer prägenden Darstellerin einen ganz großen, einen würdigen, aber auch einen verstörenden Abschied aus dem Berliner Tatort-Team. „Das Mädchen, das allein nach Haus‘ geht“(ARD, 22.5., 20.15 Uhr) ist der letzte Fall für Nina Rubin. Nach 15 Einsätzen als Kriminalhauptkommissarin steigt Meret Becker aus der Reihe aus. Die Nachfolge als Partnerin von Robert Karow (Mark Waschke) übernimmt Corinna Harfouch.
Frau von Mafiaboss fleht um Aufnahme ins Zeugenschutzprogramm
Aus der Spree ist ein kopfloser Toter geborgen worden. Aufgrund der Verletzungen und des Erhaltungszustandes der Leiche dürfte die Identifizierung nicht leicht werden. Wenig später fühlt sich Rubin von einer jungen Frau verfolgt, stellt diese zur Rede. Julie Bolschakow (Bella Dayne) gibt an, Zeugin des Mordes zu sein. Sie kannte den Toten aus der Spree. Der Mann war verdeckter Ermittler und hatte ihr die Augen über ihren Ehemann Yasha (Oleg Tikhomirov), den Täter, geöffnet. Der ist skrupelloses Oberhaupt eines russischen Mafia-Clans in Berlin. Julie ist verzweifelt. Sie kann ihren Mann nicht einfach so verlassen, dafür weiß sie zu viel. Aber sie kann dessen Geschäftsunterlagen einschließlich der Namen bestochener Politiker und Polizisten beschaffen und fleht um Aufnahme ins Zeugenschutzprogramm.
Rubin will der verängstigten Frau helfen und wendet sich an die Kriminaldirektorin (Nadeshda Brennicke). Die ist sofort bereit, erhofft sie sich doch endlich belastbare Erkenntnisse über die internationalen Machenschaften der Russen-Mafia. Doch weil nicht auszuschließen ist, dass der Polizeiapparat unterwandert ist, ordnet sie absolute Geheimhaltung an. Das heißt: Karow ist raus.
Eine unausweichliche Tragödie bahnt sich an
Von da an treibt eine überdurchschnittlich spannende Krimihandlung immer mehr einer packenden Tragödie entgegen. Zwei Menschen, die sich auf komplizierte Weise näher gekommen sind, entfernen sich. Rubin fühlt, dass sie ihren Partner durch das Verschweigen hintergeht und muss tatenlos zusehen, wie sich Karow und die anderen Kollegen immer mehr voran arbeiten und damit die Aktion gefährden. Karow wiederum ahnt zunächst, dann weiß er, dass Rubin ihm Erkenntnisse vorenthält, ja seine Arbeit sogar konterkariert. Schließlich kann sie nicht anders, als ihn einzubeziehen. Denn die Treffen und Absprachen mit Julie sind immer schwieriger geworden.
Yasha hat Verdacht geschöpft, seine Leute auf Julie angesetzt. Der gelingt es trotzdem, die Festplatte ihres Mannes zu kopieren. Alles scheint gut zu gehen: Ein Flugzeug steht bereit, um Julie in ein neues Leben unter anderer Identität zu bringen. Doch dann folgt der Showdown, der seines gleichen sucht…
Wertung: Fünf von fünf Sternen