Berlin. Kanzler Scholz will nicht nach Kiew reisen. Im ZDF-Interview erklärte er seine Gründe. Doch zu einem Öl-Embargo hielt er sich bedeckt.

Anders als Oppositionsführer Friedrich Merz (CDU) will Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) vorerst nicht in die Ukraine reisen. Scholz begründete seine Weigerung damit, dass die Ukraine Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ausgeladen habe. „Das steht dem entgegen“, sagte der Kanzler am Montagabend in der ZDF-Sendung „Was nun, Herr Scholz?“. Er finde, dass es „ein ganz bemerkenswerter Vorgang“ sei, dass Steinmeier von der Ukraine ausgeladen worden sei. „Das kann man nicht machen.“

Scholz betonte den Einsatz Deutschlands für die Ukraine. „Es kann nicht funktionieren, dass man von einem Land, das so viel militärische Hilfe, so viel finanzielle Hilfe leistet, das gebraucht wird, wenn es um die Sicherheitsgarantien geht, die für die Ukraine in der Zukunft wichtig sind, dass man dann sagt, der Präsident kann aber nicht kommen.“ Steinmeier hatte geplant, am 12. April in die Ukraine zu reisen, was von der Regierung in Kiew abgelehnt wurde.

Entgegen anderer europäischer Regierungschefs und Politikern aus den USA ist weder Scholz noch ein anderes Mitglied der Bundesregierung seit Kriegsbeginn nicht in der Ukraine gewesen. Merz will in den kommenden Tagen nach Kiew reisen. Der CDU-Vorsitzende habe ihn über seine Pläne informiert, sagte Scholz. „Und ich habe da keine Einwendungen. Ich billige das.“ Der Kanzler kündigte an, im Anschluss mit Merz über seine Erfahrungen sprechen zu wollen. Alles andere sei kein guter Umgang unter Demokraten.

Scholz: Putin hat Angriff auf die Ukraine „nicht zu Ende gedacht“

Scholz versicherte der Ukraine die weitere Unterstützung Deutschlands. Russland Präsident Wladimir Putin habe den Angriff auf die Ukraine „nicht zu Ende gedacht“, sagte Scholz in der Sendung weiter. „Denn erstens hat er nicht gedacht, dass die Ukraine einen solchen Widerstand leistet. Er hat nicht gedacht, dass wir sie militärisch so unterstützen, dass sie so lange durchhalten kann.“ Putin habe zudem nicht erwartet, dass so viele Länder den Angriff auf die Ukraine mit Sanktionen bestrafen.

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Außerdem habe Putin nicht bedacht, dass die internationalen Strafmaßnahmen nicht aufgehoben würden, solange er sich nach einem möglichen Waffenstillstand nicht vollkommen aus der Ukraine zurückziehe. „Denn wir werden, und das ist der Fehler in seinem Kalkül, ohne ein Einvernehmen mit der Ukraine nicht die Sanktionen wieder aufheben“, stellte Scholz klar. „Er muss sich mit der Ukraine einigen. Und das wird er nicht mit einem Diktatfrieden hinkriegen.“

Bundeskanzler Olaf Scholz will nicht nach Kiew reisen. Im ZDF-Interview erklärte er seine Gründe.
Bundeskanzler Olaf Scholz will nicht nach Kiew reisen. Im ZDF-Interview erklärte er seine Gründe. © Thomas Kierok/ZDF

Mögliches Öl-Embargo: Scholz hält sich bedeckt

Zu einem möglichen Öl-Embargo der EU hielt Scholz sich trotz mehrfacher Nachfragen bedeckt. Es dürfe keine „Live-Ticker-Meldung aus europäischen Beratungen geben“, begründete er seine Zurückhaltung in der Frage. „Das ist kein Fußballspiel.“ Gleichzeitig räumte Scholz ein, dass ein Einkaufstopp für russisches Öl für Deutschland keine einfache Sache sei. Deutschland könne inzwischen etwas schneller auf das Öl aus Russland verzichten. „Wir wissen aber um die noch ungelösten Probleme, die es bei Raffinerien im Osten Deutschlands gäbe. Und die sind auch noch nicht gelöst.“

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Nachdem Scholz wegen seines Kurses in der Ukraine-Krise in die Kritik geraten war, hatte sich der Sozialdemokrat in den vergangenen Tagen mehrfach erklärt und seinen zurückhaltenden Kurs etwa zur Lieferung schwerer Waffen wie Panzer an die Ukraine gerechtfertigt. „Ich habe immer schnell entschieden“, wies Scholz in der ZDF-Sendung den Vorwurf der Zögerlichkeit zurück. „Aber mein Kurs ist schon, dass wir besonnen und mit klarem Verstand handeln.“ Scholz betonte: „Mit jeder Entscheidung ist verbunden, dass wir immer überlegen, was hat das für weitere Konsequenzen.“

Textbaustein: Olaf Scholz

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