Essen. Die launige sechsteilige Mini-Serie „Aus dem Tagebuch eines Uberfahrers“ zeigt die Straßen Hamburgs aus einer ungewöhnlichen Perspektive.
Uber ist nicht Taxi. Wer mit Uber fährt, bestellt, bezahlt, bewertet (!) seine individuelle Fahrgelegenheit per App. Da das reale Bezahl-Prozedere entfällt, wird es während der Autofahrt auch schnell distanzlos-privat: Sex-Telefonate auf der Rückbank, Anmachversuche vom Beifahrersitz. Und jede Menge persönlicher Karriere-, Familien- oder Gesundheitsprobleme, mit denen die Mitfahrer einem Uber-Fahrer das Ohrläppchen abkauen. Dazu kommt die Wut der Taxi-Lenker, die die private Konkurrenz beschimpfen und mit Müll bewerfen, wann immer sich an einer roten Ampel die Chance dazu bietet.
So ein semi-professioneller Chauffeur hat es eben nicht leicht in seinem Alltag, wie die sechsteilige Dramedy „Aus dem Tagebuch eines Uber-Fahrers“ leicht und launig erzählt. Die deutsche Adaption der gleichnamigen australischen Fernsehserie ist ein gut gemachtes „Joyn Original“, das schon 2020 auf dem privaten Streamingdienst lief. Heute Abend ist die ganze Staffel hintereinander weg erstmals auch bei ZDFneo (Dienstag, 12. April, 21.45 Uhr) zu sehen (und im Anschluss in der Mediathek).
Gastauftritte von Susanne Wolff, Peter Franke, Fahri Yardım und Marie Hacke
Das macht gute Laune – nicht nur der ausgemachten Zielgruppe der Generation Y, deren Lebensgefühl die Serie mit den skurrilen, leicht überzeichneten Kurzgeschichten von Georg Lippert einfängt. Viel Spaß bei ihren Auftritten hatten unter der Regie von Julian Pörksen sichtlich auch die vielen bekannten Theaterschauspieler wie Susanne Wolff und Peter Franke oder Fahri Yardım („Jerks“) und Marie Hacke („Lotte am Bauhaus“). Im Mittelpunkt aber steht Kostja Ullmann, der seinen Uber-Fahrer in einer grandiosen Mischung aus freundlichem Dienstleister, kreativem Lebenskünstler und vermeintlichem Loser gibt. Er ist die moderne Version von Eichendorffs „Taugenichts“ – im 21. Jahrhunderts angekommen, aber immer noch nicht sicher, was im Leben wirklich zählt. Ohne Plan B, auch ohne Plan A, driftet Ben durch die Hamburger Innenstadt, die – glauben wir ruhig der Kamera von Manuel Mack – die schönste Stadt Deutschlands ist, wenn nicht der Welt.
Die reizvolle Kulisse, gerne auch bei untergehender Sonne aus dem Autofenster betrachtet, kann allerdings über die soziale Ungleichheit nicht hinwegtäuschen, die sich in einer digitalisierten Welt subtil offenbart: Ohne festes Einkommen, keine Wohnung, schon gar nicht in Hamburg. So schläft Ben sogar in seiner silbernen Blechkiste. Oder er nimmt einen Zweitjob als Housesitter an, wo er dann – wochenweise – dem Jüngsten das Kinderzimmer und dem Kater die sonntägliche Gänsepastete maust.
Ein typischer „Millennial“
Vor allem aber wird er Vater, allerdings auch das wieder nur halb. Freundin Nadja (Claudia Eisinger) will lieber als alleinerziehende Mutter als mit dieser „größten Pussy ever“ zusammenleben, wie ihr Bruder Kai (Timur Bartels) in jugendlicher Arroganz formuliert. Nur gut, dass Ben sich nicht alles anzieht, was ihm an On- und Offline-Kommentaren widerfährt. Schließlich ist er mit Mitte 30 ein typischer „Millennial“, dem ein selbstbestimmtes Leben allemal lieber als ein konventionelles ist.
Wertung: fünf von fünf Sternen