Berlin. Bei “Markus Lanz“ erzählte Margot Friedländer von ihrem Leben während des Nationalsozialismus und mahnte dabei jüngere Generationen.
Während die Parteien im Wahlkampf-Endspurt um Stimmen kämpfen, nutzt Margot Friedländer ihre gegen das Vergessen. "Ihr müsst vorsichtig sein", appelliert Friedländer an künftige Generationen. Die 99-Jährige ist Holocaust-Überlebende und erzählte am Donnerstagabend bei "Markus Lanz" von ihrer beeindruckenden Lebensgeschichte - und rührte damit die Gäste vor Ort zu Tränen. Die Debatten zur Bundestagswahl rückten da schon fast in den Hintergrund.
"Markus Lanz" – Das waren die Gäste:
- Margot Friedländer, Holocaust-Überlebende
- Cem Özdemir (Grüne), Politiker
- Anna Staroselski, Studentin
- Michael Bröcker, Journalist
Journalist bei "Lanz": Die AfD wurde "wiederbelebt"
Ganz ohne Wahlkampf-Talk ging es zunächst allerdings nicht. Besonders die Wahlplakate der rechtsextremen Partei Der III. Weg sorgten für heftige Diskussionen. Slogans wie "Hängt die Grünen" waren auf den Plakaten zu lesen. "Das sind die Fanatiker, die unser Land kaputt machen wollen", sagte Grüne-Politiker Cem Özdemir zu Beginn der Sendung. Dennoch betonte er mehrfach, er glaube an den Großteil der demokratisch denkenden Bevölkerung.
Der Journalist Michael Bröcker kritisierte die Vorgehensweise der Politik scharf. Es reiche nicht aus, nur Rassismus zu thematisieren. "Die AfD war klinisch tot, wurde wiederbelebt – natürlich auch durch das Versagen der anderen Parteien", so Bröcker.
Auch Anna Staroselski, Präsidentin der Jüdischen Studierendenunion, sprach von einer Diskursverschiebung, die besonders von der AfD vorangetrieben wurde. "Die AfD ist eine unwählbare Partei", betonte Staroselski.
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"Markus Lanz": Cem Özdemir weicht Fragen aus
Obwohl Cem Özdemir mehrfach auf den Auftritt von Margot Friedländer verwies, musste er sich dennoch dem Fragenhagel von Moderator Markus Lanz stellen. "Jetzt Fehleranalyse", kündigte der Moderator an. Ganz so viel analysieren wollte Özdemir allerdings nicht. Er sprach von einem "komischen Wahlkampf am Anfang" und distanzierte sich von der Idee zum bedingungslosen Grundeinkommen.
"Wie konnte es passieren, dass sie gemeinsam mit der CDU den Fahrstuhl nach unten nehmen?", bohrte Markus Lanz weiter. Auch hier konnte Özdemir keine eindeutige Antwort liefern. Spätestens bei der Frage nach einer möglichen Koalition mit der Linken, machte der Grüne-Politiker seine Position allerdings mehr oder weniger klar.
"Meine Fantasie reicht dafür nicht aus", entgegnete er auf die Frage nach der Zusammenarbeit mit den Linken. So ganz auf einen Nenner kamen Markus Lanz und der Politiker an diesem Abend nicht. "Sie haben ein taktisches Verhältnis zum Wort 'Klarheit'", kommentierte der Moderator.
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Margot Friedländer erinnert sich an die Reichspogromnacht
Während die erste Hälfte der Sendung mit hitzigen Debatten gefüllt war, wurde es in der zweiten plötzlich ganz still. Lediglich die Stimme von Margot Friedländer ertönte im Talkshow-Studio. "Ich spreche für die, die nicht mehr sprechen können", sagte die 99-Jährige.
Margot Friedländer erzählte von dem einschneidenden Erlebnis der Reichspogromnacht am 9. November 1938. "Da habe ich gesagt, Hitler geht nicht. Wir müssen gehen", sagte Friedländer. Die Geschäfte seien geplündert worden und die Menschen von unendlicher Traurigkeit erfasst. "Was ich erlebt habe auf der Straße, wird man nie wieder vergessen", so die 99-Jährige. Ihre Lehre in der Schneiderei musste die damals 17-Jährige aufgeben.
Kurz danach, wurde Friedländer für immer von ihrer Familie getrennt. Nachdem die Gestapo ihren Bruder in Haft nahm, folgte die Mutter ihrem Sohn. Als Margot Friedländer sich auf die Suche nach ihrer Familie begab, überreichte eine Nachbarin ihr eine Tasche mit einer Nachricht ihrer Mutter. "Ich gehe mit Ralph, versuche dein Leben zu machen", schrieb sie ihrer Tochter. Lesen Sie auch: Kritik an Radrennen über KZ-Gelände: Strecke wird geändert
"Markus Lanz": Kampf gegen Antisemitismus geht weiter
"Das ist das Einzige, was ich von der Mutti habe", erzählte Margot Friedländer weiter und tippte auf die orangene Perlenkette, die sie bis heute trägt. Sowohl ihre Mutter als auch ihr Bruder Ralph wurden im Konzentrationslager Auschwitz ermordet. Margot Friedländer tauchte anschließend unter, wurde jedoch in das KZ Theresienstadt gebracht und überlebte.
Gerührt von den bewegenden Erlebnissen Friedländers, betonte Anna Staroselski, dass der aktive Kampf gegen Antisemitismus immer noch nicht vorbei sei: "Es ist eine Verantwortung, die die Deutschen und die wir als gesamte Gesellschaft tragen". Auch Grünen-Politiker Özdemir war zu Tränen gerührt. Man müsse dafür sorgen "dass, wenn die Überlebenden mal nicht mehr da sind, dass das Wissen nicht verloren geht".
"Man kann nicht alle Menschen lieben, aber Respekt gehört allen Menschen. Es gibt kein jüdisches, kein christliches, kein muslimisches Blut – es gibt nur menschliches Blut", akzentuierte die 99-Jährige, die in wenigen Wochen 100 Jahre alt wird.
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