Köln. „Unvergesslich“ – so heißt das Sozial-Experiment, mit dem die Schauspielerin Annette Frier versucht, demenzkranken Menschen zu helfen.
Comedysendungen wie die „Wochenshow“ oder „Schillerstraße“ machten sie bekannt – doch Annette Frier (46) wollte nie auf die Ulknudel vom Dienst reduziert werden. Für das Sozial-Experiment „Unvergesslich“ (vier Folgen ab 21.7., 22.15 Uhr, ZDF) gründete sie im Januar, vor Ausbruch der Corona-Krise, einen Chor für Menschen mit Demenz.
Ihr Ziel: den Betroffenen neue Lebenslust vermitteln und mit einer wissenschaftlichen Begleitung zeigen, welche positiven Folgen das Singen aufs Gehirn hat.
Frau Frier, Sie haben für die Dokureihe „Unvergesslich“ einen Chor für Menschen mit Demenz gegründet. Welche Rolle spielt Musik in Ihrem Leben?
Annette Frier: Eine große. Ich singe unter jeder Dusche und habe, wie ein schlecht gelaunter Teenager, immer meine Lautsprecher in der Tasche. Die hab ich grundsätzlich dabei, auch bei Dreharbeiten, da können sich meine Kollegen auf mich verlassen: Ich erfülle jeden Liedwunsch.
Welche Lieder haben Sie mit dem Demenzchor gesungen?
Frier: Bei den wöchentlichen Chorproben haben wir zum Einsingen alte Volkslieder angestimmt, „Hoch auf dem gelben Wagen“ zum Beispiel, „Das Wandern ist das Müllers Lust“ oder auch „Ein Freund, ein guter Freund“. Für unser Abschlusskonzert hatten wir zwei tolle Songs geplant: „Und immer wieder geht die Sonne auf“ und „Über den Wolken“ von Reinhard May.
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Das Abschlusskonzert, in dem die Erkrankten vor Publikum singen sollten, konnte aber wegen Corona nicht stattfinden...
Frier: Ja, das war traurig. Unser Abschlusskonzert sollte Mitte März in Köln vor 600 Leuten stattfinden, wir hatten ausverkauftes Haus. Es wurde am Abend vorher abgesagt – das war die Woche, in der wegen Corona alles dichtgemacht hat. Immer noch sehr krass. Ein Happy End gibt es in der Sendung also nicht, das kann ich hier schon mal verraten.
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Bewerten Sie das Projekt dennoch als einen Erfolg?
Frier: Mehr als das, ich empfinde es als Geschenk, und ich glaube, dass viele Chor-Teilnehmer das genauso beschreiben würden. Es ging ja um die ganze Reise, die wir miteinander gemacht haben. Aber das Konzert wäre als Höhepunkt schon wichtig gewesen. Und eigentlich sollte der Chor nach dem Abschlusskonzert auch weitergehen, die ganze Finanzierung des Projekts war für ein Jahr gesichert, denn das gemeinsame Singen soll ja etwas sein, das die Leute regelmäßig machen. Nur geht das halt im Moment nicht. Aber ich denke, sobald es wieder möglich ist, wird es diesen Chor wieder geben.
Hat das Singen den Teilnehmern Ihres Chorprojekts gegen die Demenz geholfen?
Frier: Sehr, das haben auch die Wissenschaftler bestätigt, die das Projekt begleitet haben. Eine Teilnehmerin hat zum Beispiel wieder angefangen, mehr zu reden, hat zuhause wieder mehr an den Abläufen teilgenommen. Jede Samstag-Chorprobe hat die Stimmung gehoben. Und unter der Woche haben die Leute sich darauf vorbereitet und gefreut. Man kann Demenz zwar leider nicht heilen, aber es geht für jeden Menschen ums subjektive Wohlempfinden, egal ob er dement, ängstlich, alt, schwach oder krank ist. Und diesen Muskel, dass man sich das Leben schön gestaltet, den muss man trainieren.
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Sie berichten in der Reihe von einem Demenzfall in Ihrer Familie, Ihre Großmutter mütterlicherseits erkrankte schon mit 50 Jahren. Angst, das geerbt zu haben?
Frier: Ich habe keinerlei vorauseilenden Ängste, die lasse ich nicht zu, prinzipiell nicht. Meine Großmutter hatte tatsächlich eine andere Krankheit mit einem sehr komplizierten Namen, die aber viele Symptome von Demenz beinhaltet. Als Kind ist mir immer aufgefallen, dass sie zwei Dinge genossen hat: Gemeinsames Essen und Musizieren. Das hat sich bei mir eingebrannt.
Welche Lieder würden Sie denn singen, wenn Sie mal alt und vergesslich sein sollten?
Frier: Mein Stammhirn ist sehr Kölsch geprägt. Was für unseren Chor „Hoch auf dem gelben Wagen“ war, das sind für mich kölsche Lieder. Wenn es bei mir mal eng wird, werde ich wahrscheinlich „En unserem Veedel“ singen.