Berlin. Bei „Maybrit Illner“ sagte Virologe Streeck, dass er von einer zweiten und dritten Corona-Welle ausgeht. Die Themen des ZDF-Talks.
- Der ZDF-Talk „Maybrit Illner“ lief dieses Mal unter dem Motto „Trump, Corona und die Weltwirtschaft – wie hart trifft es Deutschland?“
- Gäste waren unter anderem Peter Altmaier (CDU), Bundeswirtschaftsminister, und Hendrik Streeck, Virologe
- Streeck äußerte, dass er mit einer zweiten und dritten Corona-Welle rechne
Nun haben die USA die Drei-Millionen-Marke bei den Corona-Infiziertenzahlen überschritten. Das „Land der unbegrenzten Infektionsmöglichkeiten“, wie Maybrit Illner die USA am Anfang ihres Talks am Donnerstagabend bezeichnete, könnte auch hierzulande für massive Probleme sorgen.
„Trump, Corona und die Weltwirtschaft – wie hart trifft es Deutschland?“, fragte Illner ihre Gäste. Doch allzu düster waren die Prognosen der Gäste nicht. Zumindest dahingehend, was den US-amerikanischen Einfluss auf die deutsche Wirtschaft ausmacht.
Bei den hausgemachten Problemen und Herausforderungen hingegen waren sich die Gäste deutlich uneins. Vor allem, was Einfluss und Eingriffe des Staates in die Wirtschaft angeht.
„Maybrit Illner“ – das waren die Gäste am Donnerstag
- Sandra Navidi, Finanzexpertin
- Peter Altmaier (CDU), Bundeswirtschaftsminister
- Sahra Wagenknecht (Die Linke), ehem. Fraktionsvorsitzende und Volkswirtin
- Monika Schnitzer, Wirtschaftsweise
- Sudha Davide-Wilp, stellv. Leiterin der Stiftung „German Marshall Fund“
- Hendrik Streeck, Virologe
„Maybrit Illner“: Peter Altmaier schwärmt vom Tesla-Werk
Dass die Bundesregierung mit dem „Wumms“-Konjunkturpaket und der „Bazooka“ die Wirtschaft zunächst sinnvoll gestützt hat, wollte selbst Sahra Wagenknecht gar nicht kritisieren. Doch als Peter Altmaier wiederholt das Kurzarbeitergeld als besonders sinnvolle Maßnahme hervorhob, kam Wagenknecht in Rage.
„Wir sollten nicht vergessen, dass wir durch Steuermittel auch indirekt Dividenden bezahlen“, mahnte Wagenknecht mit Hinblick auf die millionenschweren Dividendenausschüttungen etwa bei BMW in Zeiten von Kurzarbeit. „Statt der Dividendenauszahlung hätte BMW auch ohne Steuergelder ihre Arbeiter weiterbezahlen können“, sagte Wagenknecht.
Besonders die Zukunft der Industrie stand dann bei „Illner“ zur Debatte. Denn wird es durch Corona und die staatlichen Rettungsmaßnahmen dort technische und ökologische Neuausrichtungen geben? Wirtschaftsminister Peter Altmaier schürte viele Hoffnungen und schwärmte geradezu vom kommenden Tesla-Werk in Brandenburg als Symbol des technischen Fortschritts hierzulande.
Sahra Wagenknecht und Peter Altmaier sind sich in einem Punkt einig
Sahra Wagenknecht hielt das für einen schlechten Witz. „Wir stützen gegenwärtig Unternehmen, die eben nicht für diesen Fortschritt stehen“, befand sie – wieder mit Blick auf die großen Autobauer. Da zeigte sich: Es ist nicht die Frage, ob Unternehmen geholfen werden soll, sondern welchen.
„Da müssen wir strategischer eingreifen“, sagte Wagenknecht. Ohne einen künftigen staatlichen Einfluss in die Entwicklungen neuer Techniken wird es wohl keinen Wandel geben – das wollte auch Altmaier gar nicht widerlegen.
Sich einig waren die beiden dann sogar, dass Europa deutlich unabhängiger von den USA werden muss. „Da freut mich, was Frau Wagenknecht sagt“, gab Altmaier zu. Doch wie das gelingen soll, da blieben beide sehr vage.
US-Amerikanerin prophezeit Wahlsieg von Joe Biden
Und vage blieb es nicht zuletzt deshalb, weil sich in der Debatte der Gäste kein klares Bild über die Rolle der USA entwickelte. Die Wirtschaftsweise Monika Schnitzer sah in Donald Trumps Isolationismus eine gute Chance für Deutschland. Die US-Amerikanerin Sudha Davide-Wilp prophezeite hingegen einen Wahlsieg von Joe Biden bei der kommenden Präsidentschaftswahl im November – und damit einen klaren Politikwechsel.
Die Finanzexpertin Sandra Navidi wiederum glaubte nicht, dass Hoffnungen in ein derart gespaltenes Land gesetzt werden könnten. „Dort ist schon das Tragen einer Schutzmaske zu einem Politikum geworden“, sagte Navidi.
Wieder mal ein Abgesang auf die USA also? Ganz so einfach ist es natürlich nicht. Doch gerade diese komplexe Lage wollte Maybrit Illner dann auch nicht bis zum Schluss zwischen ihren Gästen ausdiskutieren lassen. Stattdessen standen die Einschätzungen im Laufe der Sendung einfach nebeneinander. Von Diskussion war dann keine Spur mehr.
„Maybrit Illner“-Talk hat Sommerpause nötig
Es wirkte dann schnell wie ein hochtrabender Versuch, die großen Entwicklungslinien zur Zukunft der USA – und damit auch im Hinblick auf Deutschland und Europa – zu präsentieren. Für einen Talk, der nicht einfach nur die Gäste der Reihe nach mit Fragen abklappern will, war das aber zu wenig.
Etwas aus dem Zusammenhang gerissen wirkte denn auch die Frage an den Virologen Hendrik Streeck, ob das Coronavirus wieder unter Kontrolle zu bekommen sei. Streeck antwortete, man müsse sich wohl von dem Gedanken verabschieden, dass das Coronavirus komplett aus der Gesellschaft „auszutreiben“ wäre: „Es ist da, es wird auch bleiben, es wird Teil von unserem Alltag werden und wir müssen anfangen, souverän damit umzugehen.“
Streeck fügte unaufgeregt hinzu: „Ich rechne damit, dass es eine zweite, dritte Welle geben wird. Wir haben so ein dauerndes Auf- und Abwabern, wie wir das von allen Coronaviren kennen.“ Mit Hotspots wie bei Tönnies im Kreis Gütersloh müsse einfach immer wieder gerechnet werden.
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Maybrit Illners gelang es selten, die Aussagen ihrer Gäste zusammenzuführen. Und so könnte für „Illner“ die nun kommende Sommerpause gut gelegen kommen, um sich klar zu machen: Ein Talk ist keine reine Abfragerunde, sondern soll eigentlich zu einer Diskussion zwischen den Gästen führen.