Berlin. Während andere Schauspieler während des Corona-Lockdowns untätig waren, konnte Maria Furtwängler (53) drehen – dank ihrer Kreativität.

Maria Furtwängler war in der Hochzeit der Corona-Krise in einer privilegierten Lage. Denn sie konnte im Gegensatz zu den meisten Schauspielern drehen. Das war dem Einfallsreichtum der 53-Jährigen geschuldet – und ihren karitativen Plänen. Doch sie weiß, dass noch viele schwierige Herausforderungen auf sie warten.

Ihre fünfteilige Serie „Ausgebremst“ (TNT Comedy) entstand während des Lockdowns. Wie war es, vor der Kamera zu stehen, während das Gros Ihrer Kollegen nicht drehen konnte?

Maria Furtwängler: Es war sehr ungewöhnlich, da ich die meisten Szenen über Videokonferenz gespielt habe. Ich saß da drei Tage lang in einem Raum alleine und habe in eine Art Kasten reingeguckt. Erst ganz zum Schluss kam dann Thomas Loibl, der meinen Ehemann spielt, für die eine Szene, die wir Face-to-Face unter Einhaltung des Abstands gespielt haben.

Was war das für ein Gefühl?

Furtwängler: Ich habe da sehr intensiv gespürt, welchen Riesenunterschied es macht, wenn man einem Menschen tatsächlich gegenüber steht. Sowohl schauspielerisch als auch menschlich.

Was für Auswirkungen hat das auf die Branche?

Furtwängler: Ich glaube, dass wir erst mal weiterhin tiefgreifende Einschränkungen erleben. Wie soll man jetzt Freundschaft und Liebe spielen, wenn man sich nicht näherkommen darf? Und wir können nicht einfach sagen, hier haben wir eine Massenszene, und ‚Action’... Von den finanziellen Einbußen ganz zu schweigen.

Maria Furtwängler in der Serie „Ausgebremst“ in ihrer Rolle der Beate, die mit einem Augenblick vor den Scherben ihrer Existenz steht.
Maria Furtwängler in der Serie „Ausgebremst“ in ihrer Rolle der Beate, die mit einem Augenblick vor den Scherben ihrer Existenz steht. © NDR/2020 Turner Broadcasting Sys | Handout

Die Werbeeinnahmen dieses Fünfteilers, an dem viele der Beteiligten, insbesondere die AutorInnen und SchauspielerInnen, pro bono mitwirkten, gehen an die Aktion #KunstNothilfe. Wann war Ihnen klar, dass Sie Ihre Kollegen unterstützen müssen?

Furtwängler: In den ersten zwei, drei Wochen dachten noch einige in meinem Umfeld „Ein bisschen Ruhe ist nicht schlecht“, aber dann kam bei uns allen die Erkenntnis an, dass der Ausnahmezustand länger andauern wird. Das hat schnell existenzielle Fragen aufgeworfen.

Was können Sie abgesehen von solchen Serien tun? Sie engagieren sich ja auch noch karitativ.

Furtwängler: Mit unserer Stiftung erarbeiten wir derzeit Ideen, wie wir auch Musikerinnen fördern können. Schon vor der Pandemie war es für sie schwerer als für ihre männlichen Kollegen, und jetzt ist für viele die Situation katastrophal. Dass einige zuhause Konzerte machen und streamen, täuscht nicht darüber hinweg, dass sie nichts verdienen.

Ihre Figur in der Serie wird via Computerbildschirm mit einer Reihe von Hilfesuchenden konfrontiert. War das ein Spiegelbild der aktuellen Situation?

Furtwängler: Wir erzählen zuvorderst die Geschichte einer Frau, die sich eigentlich das Leben nehmen will und plötzlich über eine falsch verschaltete Hotline anderen helfen muss. Das ist erst einmal als Comedy angelegt, auch wenn sie, wie jede gute Komödie, das Dramatische einschließt.

Eine weitere Konsequenz dieser Krise ist offenbar, dass sie die Ungleichbehandlung von Frauen verschärft...

Furtwängler: Es gibt Realitäten, die ich bedenklich finde. Fragen Sie mal, wer sich um die Kinder kümmert. Am Ende sitzen halt doch die Frauen mit den süßen Kleinen da. Das ist das Eine.

Und das Andere?

Furtwängler: Mit unserer Stiftung haben wir genau nachzählen lassen, wie häufig und zu welchen Themen die Kompetenz von Expertinnen in der Berichterstattung zur Corona-Pandemie präsent ist. Dabei hat sich gezeigt, dass im Fernsehen nur eine von fünf Personen, die als ExpertIn zu Wort kommt, weiblich ist. Fast die Hälfte der Ärzteschaft in Deutschland besteht aus Frauen, warum kommen sie in der Berichterstattung nicht zu Wort? Frauen sind die Hälfte unserer Gesellschaft, sie sind bestens ausgebildet. Wir können uns bei den wachsenden Herausforderungen gar nicht leisten, auf so viel Brain Capital zu verzichten.

Sehen Sie nach den Erfahrungen von „Ausgebremst“ neue kreative Wege?

Furtwängler: Unbedingt. Aus solchen Einschränkungen entsteht oft neue Energie und neues kreatives Potenzial. Diese Serie wäre so nie entstanden. Es war auch sensationell zu sehen, wie offen alle Kolleginnen und Kollegen reagiert und sich auf dieses Experiment eingelassen haben. Wir müssen über neue Erzählungen nachdenken, und dafür gibt es zum Glück eine Vielzahl an neuen Ideen. Nicht alles muss man gelungen finden, aber jeder neue Versuch ist es wert, angeschaut zu werden.

Sie sagten in einem früheren Interview, dass Sie optimistischer geworden seien. Gilt das noch?

Furtwängler: Ich habe schon eine Grundzuversicht in mir. Natürlich gibt es grundsätzliche Sorgen, die um Ungerechtigkeiten und den Klimawandel kreisen. Da gibt es Sachen, die mich manchmal kurz in die Depression stürzen.