Essen. Josef und Narumol sind die Sympathieträger der Doku-Soap "Bauer sucht Frau". Beim Staffel-Finale hielt der schüchterne Milchbauer um die Hand der emotionalen Thailänderin an. Doch für die Quote hat RTL die beiden Protagonisten als Freaks inszeniert.
Sie sind das neue Kult-Paar bei RTL: Die Liebesgeschichte von Bauer Josef aus dem Chiemgau und seiner Narumol aus Kiel bewegt in jeder Folge mehr als sieben Millionen Zuschauer. Beim Staffelfinale von „Bauer sucht Frau“ am heutigen Montag fasst sich der schüchterne Josef ein Herz: „48 Jahre war ich allein. Jetzt hab ich dich. Willst du mich heiraten?“ – mit diesen Worten hat er um Narumols Hand anhalten.
Sprachprobleme werden ausgeschlachtet
Es ist in der Doku-Soap der Höhepunkt der öffentlichen Zur-Schau-Stellung der intimen Gefühlswelt zweier Menschen. Innerhalb kürzester Zeit mutierten die emotionale Thailänderin mit Spitznamen „Miau“ und der schüchterne Milchbauer mit dem großen Herz zu den Lieblingen der Reality-TV-Fangemeinde. RTL schlachtet die Sprachprobleme der Sympathieträger, die stets per Untertitel übersetzt werden, gezielt aus.
Auf seiner Internetseite weidet sich der Sender an diesen Makeln und es gibt einen Video-Zusammenschnitt mit den besten Sprüchen der Thailänderin. Da fragt Josef, ob sie sich ein Kind mit ihm vorstellen könne und sie antwortet: „Ja, wenn du dat chafst“. Und nach einer Gondel-Fahrt stöhnt sie wegen ihrer Höhenangst: „Ich bin fick und fertig“. Das war selbst Lästerkönig Stefan Raab bei TV Total zu viel: „In der ganzen Sendung werden sprachliche Fehler in den Untertiteln korrigiert, damit man’s auch verstehen kann. Und hier, wenn sie mal ,fick’ sagt, schreiben die Schweine von RTL das einfach aus.“
Skurrile Situation
Ob Josef und Narumol absehen konnten, welche Maschinerie sie mit ihrer Geschichte in Gang setzen würden? Unwahrscheinlich. Zu authentisch wirken die zarten Annäherungsversuche. Wenn der sonst so steif wirkende Josef, der noch nie eine Freundin hatte, vorsichtig den Arm um ihre Schulter schlägt und wie aus heiterem Himmel „Ich hab dich lieb“ sagt, dann ist er vielleicht innerlich über sich selbst hinausgewachsen. Und Millionen Menschen schmunzeln wegen der skurrilen Situation auf der heimischen Couch.
Wenn Josef im Video-Interview mit einem Internet-Portal erzählt, dass er zufrieden mit seinem Auftritt sei und dass nichts manipuliert worden sei, dann schimmert das Ausmaß der RTL-typischen Freakisierung durch. Oberflächlich versucht das Produktions-Team den Anschein zu erwecken, dass es mit Protagonisten ernsthaft umgeht. Durch die Art und Weise, wie die Kamera die Emotionen einfängt, werden die in Liebesdingen oft unbeholfen wirkenden Bauern als auch ihre Bewerberinnen vorgeführt. Über die verstärkende, musikalische Untermalung mit Liedern wie Heidi werden sie praktisch als Freaks inszeniert.
Diskussion über Pumuckl-T-Shirt
Doch das sind keine Schauspieler, sondern reale Personen, die nun auf einen winzigen Teil ihres Wesens und ihrer Lebensgeschichte reduziert werden. Dass Narumol laut einem Medienbericht erst vor einem Jahr einen schweren persönlichen Schicksalsschlag hinnehmen musste und vielleicht deshalb in manchen Situationen etwas anders reagiert, bleibt außen vor. Zum Glück – denn jedes kleinste Detail wird von den Fans wie die Luft zum Atmen aufgesaugt. Da diskutieren die Fans fleißig über das Pumuckl-T-Shirt von Josef, der sich daraufhin auch noch öffentlich für seine Kleidungs-Wahl rechtfertigt. Gleichwohl werden bereits im Internet T-Shirts mit Narumol-Sprüchen wie „Ikk kämpfe durch“ verkauft. Auch bei Twitter und Facebook sind die Sprüche Kult und werden fleißig gepostet.
Und was bringt dem Kult-Paar die Zukunft? Für den kurzen Zeitraum des typischen Promi-Daseins der Doku-Soap-Helden braucht man keinen Hellseher. Schon bald werden Narumol und Josef in Talkshows zu sehen sein. Die Boulevard-Magazine machen Home-Storys. Der Termin für das „Perfekte Promi-Dinner“ steht wahrscheinlich schon fest. Und vielleicht stürmt das Paar auch noch die Musik-Charts – ganz in der Tradition von Bauer Heinrich aus dem Sauerland.
Bummel durch Kiel
Ob Narumol und Josef bei all dem Medienrummel glücklich werden, bleibt abzuwarten. Während ihre Fan-Gemeinde am Montagabend sicherlich die Daumen gedrückt haben, waren die Dreharbeiten längst beendet. Chiemgau24 verrät derweil, dass sich der Start in ein neues Leben noch bis zum nächsten Sommer hinziehen würde, da Narumol aus familiären Gründen erst im Sommer umziehen könne. Kontakt hat das Kult-Paar noch – gemeinsam sollen sie erst im November durch Narumols Heimatstadt Kiel gebummelt sein. Hoffentlich in trauter Zweisamkeit, werden sich die Fans denken – ohne Fotografen auf ihren Fersen.
"Bauer sucht Frau" geht 2010 weiter
RTL verkuppelt auch im nächsten Jahr wieder Single-Landwirte. Alleinstehende Bauern und Bäuerinnen können sich ab sofort für die kommende Staffel bewerben. Den Angaben zufolge ist die sechste Runde der Dokusoap voraussichtlich im Herbst 2010 zu sehen. Die Ende Oktober gestartete und am Montag zu Ende gegangene fünfte Staffel bescherte dem Sender einen neuen Quoten-Bestwert. Sie war laut Sender die bisher erfolgreichste Staffel. Insgesamt schalteten durchschnittlich 7,99 Millionen Zuschauer ein (Marktanteil 25,2 Prozent), wie der Sender am Dienstag in Köln mitteilte. Bei der werberelevanten Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen waren es 26,1 Prozent und 3,55 Millionen.
Das Finale sahen im Schnitt 8,56 Millionen Zuschauer. Das war ein Marktanteil von 25,3 Prozent. Bei der Zielgruppe waren es 3,85 Millionen und 26,4 Prozent. Erneut fanden laut Sender wieder mehrere Landwirte ihr Liebesglück, darunter auch die erste Frau in der Sendung, Pferdewirtin Berit. An Weihnachten gibt es auf dem Bildschirm ein Wiedersehen mit den Landwirten der aktuellen und der vergangenen Staffeln. Am Freitag (25. Dezember, 19.05 Uhr) präsentiert Moderatorin Inka Bause «Bauer sucht Frau - Weihnachten auf dem Lande». Am Samstag (26. Dezember, 19.05 Uhr) steht in «Bauer sucht Frau - Spezial - Die Liebe auf dem Land» die «große Bauernhochzeit» von Bruno und Anja im Mittelpunkt, die sich in der dritten Staffel gefunden und im Sommer 2009 das Ja-Wort gegeben hatten. (mit Material von ddp)