Eine Spur der Gewalt zog Til Schweiger als LKA-Mann Nick Tschiller durch den „Tatort“. Jetzt kehrt er zurück. Und alles ist ganz anders.
Als Baller-Mann mit Panzerfaust machte Til Schweiger gar keine schlechte Figur. Sicher, ein guter Teil der „Tatort“-Gemeinde schimpfte, weil ihr zu viel Krawumm die Sonntagabend-Routine verhagelte, wenn dieser Typ mit dem albernen Namen Nick Tschiller den Hamburger LKA-Rambo gab. Aber Christian Alvart strickte Actionkrimis draus, die bestimmt nicht preisverdächtig, aber doch recht unterhaltsam waren.
Nun kehrt Schweiger als „Tatort“-Mann nach anderthalb Jahren Pause mit „Tschill out“ zurück. Und nachdem er nun öffentlich oft genug über die Kollegen gelästert hat, weil ihre Tatorte so langweilig seien, ist man umso gespannter darauf, was er serviert. Es ist: sehr langweilig.
Tschiller kümmert sich um schwer erziehbare Teenager
Eoin Moore, immerhin Autor der großartigen Rostocker Polizeiruf-Reihe und damit einer der besten Krimi-Regisseure im Land, schickt den krawalligen Tschiller auf die Insel, damit er mal übers Leben nachdenkt. Beurlaubt haben sie ihn, klar, das Disziplinarverfahren droht schon, und nun hilft er einer Heimleiterin (Laura Tonke) auf Neuwerk dabei, schwer erziehbare Teenager wieder auf Kurs zu bringen. Die werfen schon mal mit dem Küchenmesser nach ihm, aber Tschiller gibt in jeder Situation den verständnisvollen Herbergsvater. Und den Pädagogen: Einem jungen Burschen, der offenbar Schlimmes erlebt hat und ruckzuck ausrastet, gibt er den vermutlich lebensentscheidenden Tipp: „Denk’ nicht so oft dran.“
Ein schießwütiger Polizist mit ungelösten Traumata als Erzieher, das könnte man sicher ein bisschen bizarr finden, aber bitte, wir gucken Fernsehen. Albträume suchen Tschiller in grobkörnigen Schwarzweiß-Bildern heim, er ist schuld am Tod der Ehefrau, und seine Tochter (Luna Schweiger) sieht ihn am liebsten von hinten. Schweiger setzt die Schweiger-Miene dazu auf, und wenn er sich auf die Wiese wirft, ist klar: Jetzt ist es gerade wieder besonders schlimm.
Kinderporno-Bande will den Kronzeugen töten
Mit der Ankunft eines Kronzeugen (Ben Münchow) soll der Krimi ins Insel-Idyll einziehen. Tschillers Kollegenkumpel Gümer, den Fahri Yardim wie immer mit einer Prise dumpfem Humor würzt, muss den linksradikalen Punkrocker vor einer Bande verstecken, die mit Kinderpornos handelt. Den Bruder des Zeugen hat ein Killer (aus Riga, logisch) bereits erschossen. Und während Gümer mit seiner Kollegin (unbeholfen: Zoe Moore) in Hamburg den Mörder und einen Maulwurf im Team sucht, ist der Schurkenchef schon mit dem Boot auf dem Weg zur Insel.
Leider gelingt es Eoin Moore nicht einmal im Ansatz, daraus ein spannendes Finale zu inszenieren. Wie da Täter und Opfer hintereinander herrennen, das sieht doch eher wie im preisgünstig zusammengewursteten Vorabendkrimi aus. Wer einschaltet, weil er mit Schweiger-„Tatorten“ Action vermutet, der dürfte schwer enttäuscht sein.
Muss ja auch nicht sein.
Til Schweiger und sein trüber Gesichtsausdruck
Aber wenn schon das nicht funktioniert, was funktioniert dann? Eigentlich nicht viel. Schweigers Selbstfindungsübungen als gebrochener Held mit trübem Gesichtsausdruck und hilflosen Papa-Versuchen wirken furchtbar angestrengt, die Bösen sind gesichts- und konturenlos, und für die Kinder, die Tschillers Schlaubergereien ausgeliefert sind, interessiert sich der Film leider nicht eine Minute lang.
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Wenn das Budget für eine weitere Ballerorgie zu knapp war, wie zu lesen ist, kann man es auch einfach mal mit einer guten Geschichte versuchen, selbst mit einem schauspielerisch limitierten Til Schweiger. Klappt dann vielleicht beim nächsten Mal.