Essen. Spötter verbreiten das Vorurteil, dass Dokumentarfilmer Quotengift verkaufen. Für Uwe Kersken und Christel Fomm von der Kölner Produktionsfirma Gruppe 5 gilt das nicht. Ihre ZDF-Reihe „Die Deutschen” bot den dienstäglichen Serien-Hits von ARD und RTL locker Paroli und wurde zum Quoten-Hit.

Dabei kam Kersken zum Film wie die Polizei zu manchem Fahndungserfolg: durch Zufall. Sein Psychologie-Studium hatte der gebürtige Wuppertal mit einem gut bezahlten Nebenjob finanziert. Er war als Fahrer für den WDR im Einsatz: „Ich war überglücklich.” Kersken fuhr Kamerateams durch ganz Europa, mal für Reportagen, mal für die „Tagesschau”. Bald saß der 59-Jährige nicht nur am Steuer, sondern sorgte auch als Techniker für den guten Ton. „Ich habe wirklich gutes Geld verdient”, wird der Filmemacher heute seinen Schulfreunden beim 40-jährigen Abi-Jubiläum in Wülfrath erzählen. Doch Kersken lockte beim Fernsehen längst nicht nur das Geld: „Mich hatte ein Virus gepackt.”

Der Lockruf des Fernsehens

Dennoch kehrte Kersken den Medien den Rücken. Stattdessen arbeitete der Freudianer als Psychotherapeut, vorübergehend: „Ich muss zugeben, dass mich diese Tätigkeit zunehmend langweilte.” Letztlich war der Lockruf des Fernsehens stärker. Erst besorgte Kersken den Ton für Spielfilme, dann, 1985, lieferte er sein erstes eigenes Produkt ab: einen Film über ein bekanntes Rheinhotel für den WDR. Schließlich machte Kersken nur noch Filme, Dokumentarfilme, gern mit historischem Hintergrund.

1989 fassten Kersken und vier weitere Kollegen aus der Doku-Szene den Entschluss, gemeinsame Sache zu machen. Die Gruppe 5 entstand. Ihre oft international koproduzierten Filme brachten Anerkennung, aber zunächst kein Geld. Drei Partner gingen im Lauf der Jahre. Dafür kam ein neuer Partner hinzu: die private Tochter des Zweiten, ZDF Enterprises. „Die haben gemerkt”, sagt Kersken selbstbewusst, „dass wir international nicht schlecht aufgestellt waren.” Während Christel Fomm weiter Filme machte, wechselte Kersken die Seite – als Geschäftsführer. Kersken & Co.wollen „mit super Themen gute Quote machen und obendrein international verkaufen”. Kein Wunder, dass Anteilseigner ZDF der Truppe so viel Geld beschaffte, dass sie sich von rein Dokumentarischen abwenden konnte: Beim Zehnteiler „Die Deutschen” lag der Anteil nachgestellter historischer Szenen bei 50 Prozent.

Was die Arbeit für die Geschichtsdoku erleichterte: Historiker arbeiten inzwischen gern mit dem Fernsehen zusammen. „Sie haben die Chance erkannt, die früher trockene Wissenschaft besser darzustellen”, weiß Kersken. Zugleich betont er, bei aller Liebe zum Populären, die Fakten-Treue seiner Dokus. Kersken weiß, dass der Mix ankommt – gerade bei jungen Leuten. „Plötzlich wurde Geschichte wieder lebendig.”

Kersken zieht daraus einen Schluss: „Bei den Öffentlich-Rechtlichen wird immer darüber geredet, dass die Filme keine Quote machen sollen. Und ich frage: wieso denn nicht? Ich will doch, dass meine Filme von ganz, ganz vielen Leuten gesehen werden.”