Essen. Studenten sollen für ProSieben „50 pro Semester” ins Bett locken. Nach den Protesten von Kinderschützern und aus den Kirchen soll die Serie verschoben werden. Außerdem bestehe kein Grund zur Aufregung, so ein Sprecher von ProSieben: Gedreht werde mit Laiendarstellern und Drehbuch.

„Wer heilige Kühe schlachtet”, kalauerte der Autor Bertolt Brecht, „wird satt.” Auf dieses Prinzip setzt ProSieben bei einer Doku-Soap, bei der Studenten „50 pro Semester” (Titel) ins Bett locken sollen. Kirchen und Kinderschützer sind entsetzt.

Der Nachmittag macht dem Münchner Privatsender wenig Freude. Die Begeisterung der Zuschauer für „We Are Family” und das Boulevard-Magazin „taff” hält sich in Grenzen. Stärker erwärmt sich das Publikum für RTL-Formate wie „Familien im Brennpunkt” und „Die Schulermittler”. Sie bedienen einfache Ansprüche.

Fünf Studenten gegeneinander

Das wird bei „50 pro Semester” kaum anders sein. Vom 18. Januar, 16 Uhr, an sollen fünf Studenten eine Woche lang gegeneinander antreten – zum Sex im Akkord. So jedenfalls sehen es die Drehbücher der Produktionsfirma Tresor TV vor. Zu sehen ist allerdings bisher nichts. Die Dreharbeiten haben gerade erst begonnen, und die Ausstrahlung wurde nach den heftigen Protesten verschoben.

Der Protest gegen das neue Format ist nämlich bereits im vollen Gang. Sittenwächter sehen junge Seelen gefährdet durch allzu deutliche Bilder zur besten Hausaufgaben-Zeit. Als schlechtes Beispiel führen sie die freizügige Leinwand-Komödie „Keinohrhasen” an, die zunächst auch für Sechsjährige freigegeben war.

Kritik der Kirchen

Hamburgs katholischer Weihbischof Hans-Jochen Jaschke wähnt das Programm in der Nähe von „Kindesmissbrauch”. Mehr noch: Er fordert „eine massive Abstrafung durch die Aufsichtsgremien”. Die Kieler Kinderschützerin Irene Johns sekundiert, das Konzept sei „menschenverachtend”. Die evangelische Nord-Bischöfin Maria Jespen nennt ProSiebens Versuch, mit derlei Schlicht-Unterhaltung zu punkten, „peinlich”. Auch Bayerns Familienministerin Christine Haderthauer (CSU) hadert mit dem TV-Sexwettbewerb.

ProSieben reagierte. Der Sender verschob den geplanten Start der Sendung. Sendersprecher Christoph Körfer versprach, das Format berücksichtige „alle jugendschutzrelevanten Aspekte”. Zudem seien „sowohl medienrechtliche Vorschriften als auch Ethik und Moral” berücksichtigt.

Serie mit Laiendarstellern und Drehbuch

Laut ProSieben aber ist die Aufregung unnötig, weil der Inhalt von "50 pro Semester" nur gespielt ist. "Scripted Reality" heißt der aktuelle Zauberbegriff der TV-Branche. Anders als bei Reality-TV ist bei nach "Scripted Reality" gedrehten Serien der Inhalt geplant. Bei "50 pro Semester" werden also keine Herzen unschuldiger Studentinnen zur Steigerung der Einschaltquote gebrochen. Die Akteure sind Laiendarsteller, allerdings mit einer gewissen Glaubwürdigkeit. Erfolgreiche Beispiele für das Genre sind die Anwalts-Reihe "Lenßen und Partner" oder die Polizisten-Serie "Niedrig und Kuhnt". (Mit Material von ap)