Essen. Mit Bembel und Äbbelwoi lud Heinz Schenk die Deutschen mehr als 20 Jahre in den "Blauen Bock". In weinseliger Dekoration servierte Schenk gnadenlose Gemütlichkeit, während die Gäste auf harten Bierbänken brav auf ihren Einsatz warteten. Am 11. Dezember wird Heinz Schenk 85 Jahre alt.

Witzischkeit kennt bekanntlich keine Grenzen, und deshalb singen sie im Frankfurter Stadion vor den Heimspielen auch heute noch die Hymne auf einen gelernten Teppichhändler. „Unser David Bowie heißt Heinz Schenk” zitiert die Kurve dann inbrünstig aus dem Rodgau-Monotones-Klassiker „Die Hesse komme”, und man darf getrost davon ausgehen, dass sich der Jubilar über diesen Vergleich freut. Ein Pop-Star sein, bekannt wie ein bunter Hund, das war das Leben des Heinz Schenk, der am heutigen Freitag 85 wird.

Mehr als zwei Jahrzehnte begrüßte der Sohn eines Drogisten und einer Tänzerin die Nation im „Blauen Bock”. 20 Millionen saßen damals vor dem Fernsehschirm, fest entschlossen, sich zu amüsieren, und manch ein Bürgermeister peitschte den Bau der Mehrzweckhalle angeblich nur durch den Rat, um auch mal Gastgeber für den populärsten Wanderzirkus der Republik spielen zu dürfen.

Gnadenlose Gemütlichkeit

In weinseliger Dekoration servierte Heinz Schenk humoristische Harmlosigkeiten und gnadenlose Gemütlichkeit. Die Gäste, Schlagersänger und Volksmusikanten, warteten auf harten Biergarten-Bänken brav auf ihren Einsatz, und das Publikum, Mama im neuen Kostüm, Papa mit Wohlstands-Zigarre, schunkelte bis der Arzt kam, wenn Heinz Schenk einen Kalauer abfeuerte oder gar eins seiner selbst geschriebenen Lieder zu Gehör brachte.

Wie die Hesse babbeln, das wurde durch Heinz Schenk zum Kult einer Gesellschaft, die in unruhigen Zeiten nach Halt suchte und das im Dialekt zu finden hoffte.

1966 moderierte Schenk zum erstenmal den „Blauen Bock”, als Nachfolger von Otto Höpfner übrigens, und verabschiedet hat er sich im Jahr 1987. Dazwischen lagen Studentenaufstände, Ölkrisen, Terrorismus und ein deutscher Herbst, was aber alles natürlich keinen Einlass in die Mehrzweckhalle fand.

Dort regierte der Frohsinn. Heinz Schenk zog den Mund schief und verschenkte einen „Bembel”, der, wie Nicht-Hessen lernten, mit „Äbbelwoi” gefüllt wird. Wenn die Stimmung ihren Höhepunkt erreichte, servierte Reno Nonsens Kellner-Witze und Lia Wöhr schenkte an der Theke noch einmal nach. Irgendwann sagte einer „Ei horsche mal Leude”, und alles war gut.

Ob Heinz Schenk, der ja ein intelligenter und vielseitiger Unterhaltungs-Profi ist, diese Konzentration aufs Volkstümliche als Beschränkung empfand, darüber kann nur spekuliert werden. Eigentlich war er stets stolz auf seine ungeheure Popularität und auch gerne bereit, die Verwechslung mit der Paraderolle zu verzeihen: „Tag Herr Bock, haben die Leute gesagt, wenn sie mich trafen”.

Mime am Schauspielhaus

Wie so viele Großmeister des Leichten wollte er irgendwann auch noch unbedingt den Mimen mit Tiefgang herauskehren. Inszenierte und spielte also am Schauspielhaus, und nicht nur Radau wie den „Etappenhasen”, sondern auch den „Eingebildeten Kranken” oder Molieres „Geizigen”.

Wie scharfsinnig Heinz Schenk allerdings Fernsehwelt und Volkstümelei hinterfragt, wird im Kinofilm „Kein Pardon” aus dem Jahr 1993 deutlich. Einfach genial, dieser schmierig-melancholische Moderator, der sein Publikum verachtet und den Showgirls an die Wäsche geht. Hape Kerkeling mag hier als tölpelhafter „Glückhase” die Lacher kassieren, aber Heinz Schenk hätte als abgehalfteter Showmaster Heinz Wäscher eigentlich einen Oscar verdient. Und sein Satz „Isch kann so net abbeide” ist völlig zu Recht in den Kanon der klassischen Sprüche aufgenommen worden.

Was außerdem bleibt, ist natürlich der „Blaue Bock”. Eine Revolution war das damals, diese Mischung aus Show, Comedy und Musikantenstadl, präsentiert von einem Gastgeber, der sich nicht anbiederte und trotzdem dem Affen Zucker gab.

Das große Lob: Fernsehen von gestern

Die „Jugend”, wie man damals sagte, hat sich lange nicht mit einem wie Schenk anfreunden können. Dass eine Band wie die Rodgau Monotones den Heinz in ihrer Hessen-Hymne in die Arme schloss, signalisierte die Versöhnung, und auch das Feuilleton hat längst Frieden geschlossen. „Heinz Schenk macht Fernsehen von gestern,” urteilte die „Zeit” anlässlich eines Comebacks 1996, „und deshalb wird er so geliebt”. Irgendwann klang das gar nicht mehr kritisch, sondern fast schon ein wenig wehmütig.