Berlin. „Hart aber fair“, das war am Montagabend Susanne Holtkotte. Im ARD-Talk zur Grundrente schilderte die Reinigungskraft ihre Erfahrungen.
Bei „Hart aber fair“ am Montagabend hat eine Putzfrau allen anderen die Show gestohlen. Vor allem Arbeitsminister Heil, der sich Fragen zu seinem von ihm erarbeiteten Konzept der Grundrente stellte, musste einiges einstecken.
Der SPD-Politiker bot an, seinen Job mit der Putzfrau zu tauschen. Die Klinik, in der die Reinigungskraft arbeitet, hat sich bereits bereit erklärt, den Arbeitsminister für einen Monat aufzunehmen.
Mit ihrem Sozialstaatskonzept hat die SPD ein Stück weit ihre soziale Ader wiederentdeckt. „Was bringt die Grundrente?“, wollte Frank Plasberg von seinen Gästen wissen. Susanne Holtkotte, die in einem Bochumer Krankenhaus als Reinigungskraft arbeitet, war dabei der Star des Abends.
„Hart aber fair“ – das waren die Gäste:
- SPD-Arbeitsminister Hubertus Heil
- Verena Bentele (Sozialverband VdK)
- Susanne Holtkotte (Reinigungskraft),
- Johannes Vogel (FDP)
- Journalist Christoph Schwennicke (Cicero).
Was wurde diskutiert?
Im Kern ging es in der Diskussion um die Frage,
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Wer nach 35 Beitragsjahren weniger als 896 Euro Rente brutto hat, soll den Zuschlag ohne weitere Prüfung erhalten.
Doch was ist mit Menschen, die 34 Jahre eingezahlt haben oder etwas mehr Rente kriegen? Und regt der Vorschlag nicht dazu an, in Teilzeit zu arbeiten?
Mit diesen Problemen wurde Heil in der Runde massiv konfrontiert. Gastgeber Plasberg rechnete es an Susanne Holtkotte vor: Die Reinigungskraft erhielte nach jetzigem Stand eine Rente von 715 Euro, mit Heils Grundrente wären es 1.002 Euro.
Würde sie heute in Teilzeit wechseln, würde sie einen höheren Zuschlag erhalten – und käme so immer noch auf 977 Euro Rente. „Was soll ich da sagen? Ich würde natürlich weiter arbeiten“, kommentierte Holkotte die Rechnung. Und viele andere würden es genauso tun.
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Damit lässt sie den Arbeitsminister, der maßgeblich das Konzept der Grundrente erarbeitet hatte, alt aussehen. „Arbeit ist für viele Menschen mehr als Broterwerb“, stimmte er ihr zu.
Außerdem würde Teilzeit doch auch weniger Lohn bedeuten. Doch ganz wegargumentieren konnte der Arbeitsminister die Kritik nicht. Stattdessen versprach er, die Grenzfälle im Gesetzentwurf aufzufangen – was den Vorschlag allerdings teurer machen dürfte.
Arbeitsminister und Putzfrau tauschen Job – so läuft es ab
Der Arbeitsminister kündigte an, mit der Putzfrau für einen Tag seinen Job zu tauschen. Wie „Bild“ berichtet, sei das Krankenhaus, in dem die Reinigungskraft arbeitet, für den Tausch bereit. „Wir werden ihn bestimmt nicht von der Schwelle weisen“, sagte ein Sprecher.
Im Gegenzug soll Susanne Holtkotte den Minister bei seiner Arbeit in Berlin begleiten. „Susanne Holtkotte wird mich in Berlin einen Tag begleiten und sich meinen Arbeitsalltag anschauen“, so Heil zum Blatt. Am Kabinettstisch dürfe sie aber nicht sitzen.
Die Putzfrau ist auf ihren Vertreter gespannt. Sie sagt zu „Bild“: „Das ist richtig harte körperliche Arbeit, im Krankenhaus ist er auch mit unangenehmen Dingen konfrontiert.“ Über die Aufmerksamkeit nach der Sendung sei Holtkette überrascht gewesen, sagt sie.
Was war der Konflikt des Abends?
...lieferten sich Holtkotte und der Journalist Christoph Schwennicke.
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„Das ist nicht so schändlich und verwerflich“, befand der Cicero-Chefredakteur. Holtkotte widersprach: „Es geht um Leute, die hart gespart haben. Das sollte unantastbar sein.“
Doch Schwennicke blieb dabei: Eine Prüfung sei legitim. „Wenn der Tag käme, würde ich genauso die Tür aufmachen und sagen: So ist meine Lage.“ Daraufhin fragte Holtkotte, wer denn entscheide, wie viel als Schonvermögen angemessen sei.
Grundrente eigentlich nur ein kleiner Wurf
Gut war, dass in der Diskussion ab und an zur Sprache kam, dass die Grundrente eigentlich nur ein kleiner Wurf ist. Es gäbe auch andere Lösungen: „Wir brauchen vernünftige Löhne, dann zahlen die Leute auch vernünftig in die Rentenkasse ein“, sagte Susanne Holtkotte.
VdK-Chefin Verena Bentele forderte, noch weiter zu gehen. Steuerflucht müsse bekämpft werden, auch müsse stärker von reich nach arm umverteilt werden. „Dann müssen wir uns auch nicht fragen, ob wir uns die Grundrente leisten können.“
Das Fazit
Frank Plasberg war mit seinem Talk zur Grundrente reichlich spät dran. Nachdem die SPD am Wochenende ihr komplettes Konzept für die Sozialpolitik vorgestellt hat, stellen sich noch weitaus mehr fragen. Und doch funktionierte die Runde gut, was maßgeblich an Susanne Holtkotte lag, die sich nicht nur als Fallbeispiel sondern auch als toughe Diskutantin entpuppte.
Am Ende appellierte Holtkotte an die Politik, dieses Mal endlich etwas auf den Weg zu bringen. „Es gibt von beiden Seiten gute Vorschläge – es ist ja nun nicht so, das von Ihnen nix Produktives kommt“, sagte sie an den FDP-Politiker Vogel gewandt. „Warum wird hier nicht einfach mal an einem Strang gezogen?“ Ja, schade, dass Politik so nicht funktioniert.
Was sagen Nutzer zur „Hart aber fair“-Sendung?
Im Netz sorgte die Sendung für viele Kommentare. Viele lobten den Auftritt der Reinigungskraft, hielten sich aber nicht mit der Kritik an der Grundrente und der SPD zurück. Eine Auswahl der Kommentare:
- „Ohne grundlegende Reform des Rentensystems, wird das niemand hinbekommen. Das ist eine Scheindebatte und lediglich angedachte Kosmetik. Da sollte die SPD viel weitreichender denken.“
- „Die Spd muss sich ihr S im Nahmen erst wieder verdienen.“
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