Mit seiner Talkshow hat Markus Lanz sein Ding gefunden
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Berlin. Markus Lanz feiert mit seiner ZDF-Talkshow Zehnjähriges. Die Sendung hat sich in den Jahren verändert und ist politischer geworden.
Harmlos-adrett kommt er daher und freundlich. Zunächst einmal wirkt Markus Lanz wie eine Schwiegersohn-Fantasie, vergleichbar mit seinen Moderationskollegen Kai Pflaume und Alexander Bommes.
Doch unter dem glatt gestriegelten Unterhaltungs-Pelz verbirgt sich ein Wolf. In seiner ZDF-Talkshow, die standesgemäß nach ihm selbst benannt ist, kann der 49-Jährige seine Beute nämlich anders als manch andere auch in die Enge treiben und angreifen.
Dann nämlich, wenn ein Talkgast ihm ausweichen will. Verfehlen Sätze wie „Ich will Sie nur verstehen…“ ihre Wirkung, wird er durchaus ungemütlich. „Sie antworten nicht!“, fährt er seinem Gast dann beispielsweise über den Mund. Sekunden später nur kehrt er zurück in die Rolle des zugewandten, zurückgenommenen Stichwortgebers. Seit zehn Jahren schafft Markus Lanz erfolgreich diesen Spagat – am Dienstag um 22.45 Uhr meldet sich der gebürtige Südtiroler zum Jubiläum aus der Sommerpause zurück.
Promis, Experten und Normalos sitzen beisammen
Dienstags bis donnerstags bringt Lanz Leute zusammen, die eigentlich nicht zusammengehören, ein Mix aus Promis, Experten, Normalos. Ein Dach-Thema gibt es nicht. Mal berichtet Ex-Manager Thomas Middelhoff über seine Haft, mal Peer Kusmagk über seine Zeit im Dschungelcamp, wofür er vor laufender Kamera von Charakterdarstellerin Katrin Sass rundgemacht wird („Ein Unfug ist das!“). Familie Schmitt, die von Alaska bis Feuerland gereist ist, sitzt ebenso bei ihm wie der geschasste FBI-Chef James Comey.
Aber auch Politiker wie Markus Söder kommen. Dass Politik immer mehr Thema wird, ist Lanz’ Einfluss geschuldet. Die als Unterhaltung konzipierte Sendung habe sich sehr verändert, so Lanz: „Ich habe einfach gespürt, dass wir in einer Zeit leben, in der die Politik stärker gefordert ist.“
Lanz hält sein Privatleben im Dunkeln
Er sagt das in Statements der ZDF-Presseabteilung. Denn der Mann, der beruflich andere ausquetscht, möchte zu seinem Zehnjährigen nicht sprechen. Sowieso hält der Polarreisen-Fan sich traditionell bedeckt. Dass Ehefrau Angela im Frühsommer eine zweite Tochter bekam, wurde über seinen Kopf hinweg verkündet.
Sein Sohn stammt aus der Beziehung mit Moderatorin Birgit Schrowange. Bekenntnisse wie das zu einer Angststörung, die ihn mit 14 Jahren nach dem Tod seines Vaters befiel, sind die große Ausnahme.
Diese Promis waren mal ein Paar
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„Für die meisten Menschen ist das Leben jeden Tag ein gnadenloser Kampf. Ich weiß, was das bedeutet, weil ich selbst so aufgewachsen bin“, sagte er kürzlich dem „Hamburger Abendblatt“ über seine bescheidene Herkunft als Sohn eines Sessellift-Gehilfen. Immer bleibt er daher bemüht, die Perspektive des „kleinen Mannes“ einzunehmen. Das unterscheidet auch seine Gespräche mit den Mächtigen von denen distanzierter Polit-Talk-Fachkräfte wie Anne Will.
„Wetten, dass ..?“ war ein untergehendes Schiff
Übers Radio und RTL-Boulevardsendungen wie „Explosiv“ war er vor zehn Jahren beim ZDF gelandet. Seine Talkshow hat auch Lanz’ Irrfahrt 2012 als „Wetten, dass ..?“-Kapitän überstanden. Er hatte damals den Mut, auf dem schon im Untergang begriffenen Unterhaltungs-Dampfer anzuheuern.
Er strengte sich an, leider sah man das auch. Meist verwechselte er Ausrufe wie „wahnsinnig“ und „sensationell“ mit Moderation. Hämisch die Kritiken: „Stern.de“ etwa listete die „schlimmsten Lanz-Sprüche“ auf. Platz eins: „Er ist wirklich ganz, ganz blind“ (über einen blinden Kandidaten).
Nun ist klar: Mit seiner Talkshow hat Lanz sein Ding gefunden, das nach seinen Regeln und Vorstellungen funktioniert. Die Quoten steigen: 1,32 Millionen waren es 2008, 1,66 Millionen im ersten Halbjahr 2018. Hart rangenommen wird er allerdings immer wieder. Nach einem Streit mit Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht in einer Sendung von 2014 forderten 160.000 Zuschauer in einer Petition, den „unverschämten Moderator“ abzusetzen. Markus Lanz sieht eben aus wie jedermanns Liebling – aber er ist es nicht.
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