Berlin. „Im Wald – ein Taunuskrimi“ wirft ungewöhnliche Fragen auf. Zum Beispiel geht es nicht so sehr um den Mörder, sondern den Ermittler.
Die wahrscheinlich wichtigste Frage, die sich dem Zuschauer der achten Folge des Taunuskrimis stellt, ist nicht die nach dem Mörder. Sondern die, ob der, der den Mörder jagt, auch noch in der neunten Episode ermittelt.
Ein Taunuskrimi ohne Oliver von Bodenstein? Schwer vorstellbar. Tim Bergmann spielt den Hauptkommissar, einen Kriminalisten ohne Zwangsstörung, ohne Alkoholproblem, ohne Depressionen, auch ohne echte Ecken und Kanten. Dieser so normale Polizist ist dem Publikum ans Herz gewachsen, vielleicht gerade, weil ihm die Extravaganz fehlt und damit etwas, das Widerspruch erzeugt.
Es deutete sich bereits in der zurückliegenden Folge an, aber nun verkündet von Bodenstein, eine Auszeit nehmen zu wollen. Die Fälle zehren an ihm, und wenn man den jüngsten zum Maßstab nimmt, ist das nachvollziehbar.
„Taunuskrimi – Im Wald“ in Bildern
Ermittlungen führen zu einem Vermisstenfall aus den 80er-Jahren
In „Im Wald – ein Taunuskrimi“, der zweiteiligen Adaption des bisher letzten Werks aus der Bestseller-Reihe von Nele Neuhaus, schickt diese ihren Helden zurück in sein Heimatdorf und konfrontiert ihn mit einem Trauma seiner Kindheit. In Waldhain ist ein Campingwagen in Flammen aufgegangen, in den verkohlten Resten finden die Ermittler eine Leiche. Die einzige Zeugin, die Journalistin Felicitas Molin (Andrea Sawatzki), hat im Schein des Feuers schemenhaft eine vorbeihuschende Gestalt gesehen. Bald ermitteln von Bodenstein und seine Kollegin Pia Sander (Felicitas Woll) wegen Mordes. Kurz darauf wird auch die todkranke Mutter des Opfers erdrosselt, ebenso ergeht es dem Pfarrer, dem sich die Mutter anvertraute.
Die Ermittlungen führen 35 Jahre zurück. Im Sommer 1982 verschwand Artur Berjakow, Sohn russischer Aussiedler und von Bodensteins bester Freund. Ein Ereignis, das der Kommissar nie verwunden hat. Die Dorfbewohner wollen die alte Geschichte um den „Ivan“ ruhen lassen – auch von Bodensteins frühere „Blutsbrüder“ Edgar Herold (Martin Feifel), Peter Lessing (Samuel Weiss) und Inka Hansen (Veronica Ferres), die rasch zu den Verdächtigen gehören.
Weniger wäre manchmal mehr
Regisseur Marcus O. Rosenmüller arbeitet in diesem Fall notgedrungen viel mit Rückblenden. Die Szenen aus den 80er-Jahren sind deshalb weicher koloriert, die Requisiten erleichtern den Zeitsprung. Auch ein Fuchsschwanz taucht auf, wobei das eine tiefere Bedeutung hat. Die „Bonanza“-Räder hätten aber gern fehlen dürfen.
Stichwort weglassen: Rosenmüller will Nele Neuhaus möglichst ohne Abstriche nacherzählen. Der Fall wird wie andere zuvor auf 180 Minuten ausgewalzt, um die Fülle der Figuren zu wahren und diesen Tiefe zu geben. Tatsächlich wäre es angesichts zweier Zeitebenen und mehrerer verwobener Erzählstränge nicht übel gewesen, die schiere Zahl der Akteure zu reduzieren. So aber lassen sich kaum intensive Charakterstudien zeichnen und persönliche Hinter- und Abgründe abbilden. Allein bei der von Timur Bartels großartig gespielten Figur des Elias Lessing gelingt das. Auch das Thema Fremdenfeindlichkeit wird allenfalls angerissen.
Fortsetzung könnte folgen
Und am Ende bleibt auch noch die wichtigste Frage unbeantwortet: Wird von Bodenstein auch im neunten Taunuskrimi ermitteln? In diesem Fall aber gilt Nachsicht: Nele Neuhaus schreibt ihn gerade.
Fazit: Spannende Variation der alten Weisheit, dass man seine Vergangenheit nicht loswird, in ruhigen Bildern erzählt. Leider thematisch überfrachtet.
ZDF, 2. Januar um 20.15 Uhr