Berlin. Vor einem Jahr startete mit „Babylon Berlin“ eines der ambitioniertesten Projekte der deutschen Filmgeschichte. Nun läuft die Free-TV-Premiere.
Das Warten hat ein Ende: "Babylon Berlin" von Star-Regisseur Tom Tykwer feiert am Sonntag (30. September, 20.15 Uhr) in der ARD seine Free-TV-Premiere. Der sonst für diesen Termin gesetzte "Tatort" muss pausieren. Knapp ein Jahr, nachdem die Serie nach der Romanvorlage "Der nasse Fisch" von Volker Kutscher beim Bezahlsender Sky zu sehen war, dürfen sich jetzt auch Serienfans ohne Sky-Abo freuen.
Die Produktion werde die „Serienlandschaft auf dem TV-Markt verändern“, sie begeistere auf „höchstem internationalen Niveau“, hatten vor der Deutschlandpremiere im Oktober des vergangenen Jahres die Sender-Chefs vom Pay-TV-Anbieter Sky versprochen. Den Zuschauern, die geduldig auf die Ausstrahlung im Ersten gewartet haben, zeigen wir nun, was sie erwartet:
Um was geht es?
Die Szenerie ist düster und glamourös zugleich – Berlin im Jahr 1929. Kunst und Kultur feiern „Goldene Jahre“. Exzessive Partys gehören aber genauso zur Hauptstadt wie Armut und politische Unruhe. Die Weimarer Republik zerfällt allmählich, der Nationalsozialismus keimt auf. Vieles ist im Wandel, unruhig, unsicher.
Mitten in dieses spannungsgeladene Mischmasch kommt Gereon Rath (gespielt von Volker Bruch). Ein Kommissar, der auf den Spuren eines Erpressungsfalls von Köln nach Berlin findet. Mit Stenotypistin Charlotte Ritter (Liv Lisa Fries) und seinem Partner Bruno Wolter (Peter Kurth) kommt er einem Pornoring auf die Schliche. Alle glauben zunächst an eine rasche Lösung des Falls – und täuschen sich kolossal.
Die Ermittler bekommen es mit der Unterwelt und ihren Verstrickungen in die (scheinbar) gesetzestreue Gesellschaft zu tun. Korruption, Prostitution, Drogen- und Waffenhandel. Ein Blick in die Abgründe einer sündigen Metropole.
So sieht die Serie „Babylon Berlin“ aus
Volker Bruch (37) als Gereon Rath und Liv Lisa Fries (26) als Charlotte Ritter spielen die Hauptrollen. Bruch wirkte unter anderem in den deutschen wie Produktionen „Der Rote Baron“, „Der Baader Meinhof Komplex“ und „Der Vorleser“ mit, er war auch schon einige Male im „Tatort“ zu sehen.
Auch Fries war bereits in mehreren TV- und Kino-Produktionen zu sehen. Unter anderem wurde sie 2015 mit dem Preis der deutschen Filmkritik als beste Darstellerin (in „Staudamm“ und „Und morgen Mittag bin ich tot“) ausgezeichnet.
Zum weiteren Ensemble gehören unter anderem Matthias Brandt, Peter Kurth, Hannah Herzsprung, Benno Fürmann und Lars Eidinger.
Wer sind die Macher der Serie?
Für Regie und Drehbuch sind Tom Tykwer, (52) Henk Handloegten (49) und Achim von Borries (48) verantwortlich. Für den mehrfach auszeichneten Tom Tykwer („Lola rennt“, „Das Parfüm“, „Cloud Atlas“) war es das erste große Serienprojekt, nachdem er zwischen 2015 und 2017 bei drei Folgen Regie führte.
Von Borries und Handloegten arbeiteten schön öfter zusammen an Drehbüchern – so zum Beispiel für den Kinofilm „Good Bye, Lenin!“ oder die TV-Produktion „Sechzehneichen“. Auch mehrere „Tatort“-Folgen gehen auf die beiden zurück.
Warum waren die Erwartungen an die Serie schon im Vorfeld so hoch?
Schon vor der Pay-TV-Premiere im Oktober des vergangenen Jahres konnten die Macher die erste Auszeichnung für die Serie entgegennehmen: Anfang April 2017 räumte „Babylon Berlin“ auf der MIPTV (Marché International des Programmes de Television) in Cannes, einer der wichtigsten TV-Messen der Welt, den Grand Jury Prize in der Kategorie „Work in Progress“ ab.
Ebenso spricht das rege Interesse aus dem Ausland für die Qualität der Serie: Netflix hat sich die Rechte an der Serie für die Ausstrahlung in den USA gesichert. Außerdem gab es Käufer aus Spanien, Belgien, Schweden, Norwegen, Dänemark, Finnland und Island. In Großbritannien und Italien wird die Serie ebenfalls von Sky gezeigt.
Zudem sollen die ersten zwei Staffeln – so der Mediendienst „dwdl.de“ – bis zu 40 Millionen Euro gekostet haben – für deutsche Verhältnisse ein riesiges Budget.
Welche Preise räumte "Babylon Berlin" sonst noch ab?
Die Serie wurde 2018 vielfach ausgezeichnet. So ging der Deutsche Fernsehpreis in vier Kategorien unter anderem für die beste Drama-Serie und die beste Musik an "Babylon Berlin". Die Goldene Kamera erhielt Volker Bruch als bester Schauspieler in seiner Rolle als Gereon Rath. Den Grimme-Preis gab es unter anderem für Buch und Regie, Filmmusik sowie die Darsteller Liv Lisa Fries, Volker Bruch und Peter Kurth. Zudem wurde "Babylon Berlin" mit Romy als TV-Event des Jahres und mit einem Sonderpreis des Bayerischen Fernsehpreises ausgezeichnet.
Darüber hinaus überzeugte die Serie auch im Ausland und gewann die Magnolia Awards als beste ausländische TV-Serie in Shanghai sowie den Hauptpreis bei den Seoul International Drama Awards.
Was erwartet Kenner der Roman-Vorlage?
„Babylon Berlin“ basiert auf der Geschichte des Romans „Der nasse Fisch“ von Volker Kutscher (54). Das Buch erschien im Jahr 2008, für spätere Teile der folgenden Krimi-Reihe wurde Kutscher mehrfach ausgezeichnet.
Tom Tykwer sagt über die Romanvorlage: „Ich habe mich noch nie einem Roman so verpflichtet gefühlt und habe ihn gleichzeitig so hinter mir gelassen.“ Bedeutet: Kutschers Buch wurde laut Tykwer immer als „Basis-Matrix“ herangezogen, aber auch weiter gedacht.
Ursprünglich sollte die Roman-Serie 1936 enden, mit einem Kriminalfall vor dem Hintergrund der Olympischen Spiele in Berlin. Inzwischen will Kutscher aber weitergehen: „Weil das ein zu harmloses Jahr wäre, um aus der Serie auszusteigen.“ Protagonist Gereon Rath werde 1936 aber den Polizeidienst verlassen, weil die Arbeit der Kriminalpolizei immer stärker von Himmlers SS kontrolliert wird. Angedacht ist, dass Rath im Jahr 1938 noch einen Fall als Privatmann löst. Danach ist Schluss. „Da werde ich auch nicht mit mir reden lassen“, so Kutscher.
So oder so: Für weitere Staffeln „Babylon Berlin“ bliebe also noch Stoff in Hülle und Fülle. Schließlich sind schon jetzt sechs Romane mit Gereon Rath erschienen – und als Vorlage für die ersten zwei Staffeln diente nur der erste.
Was sagt der Schöpfer der Geschichte zur Verfilmung?
Volker Kutscher zeigte sich nach einem ersten Blick in die fertige Produktion durchaus angetan von der Verfilmung seiner Arbeit. „Die Serie zieht einen total in diese Welt hinein. Man hat das Gefühl, im alten Berlin auf der Straße zu sein, man hört den Verkehr und spürt die Atmosphäre. Wirklich toll“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Auch die zusätzlichen, von seiner Vorlage unabhängigen Handlungsstränge kann er gut akzeptieren. „Es sind zwar nicht mehr ganz meine Figuren, aber es ist alles plausibel.“
Wo wurde gedreht?
An den 180 Drehtagen wurde an 300 verschiedenen Drehorten gefilmt. Neben Originalschauplätzen wie dem Alexanderplatz, dem Roten Rathaus, dem Rathaus Schöneberg und der U-Bahn in Berlin diente auch eine extra dafür gebaute, neue Außenkulisse im Studio Babelsberg als Kulisse – die „Neue Berliner Straße“.
70 Leute kümmerten sich um Szenenbild, Ausstattung und Requisite – bei einem normalen „Tatort“ sind es drei.
Wann und wo kann man die Serie nun sehen?
Die ARD zeigt die erste Folge von "Babylon Berlin" am Sonntag, 30. September, um 20.15 Uhr. Allerdings bleibt es nicht bei diesem Sendetermin. Alle weiteren Folgen werden immer donnerstags um 20.15 Uhr ausgestrahlt. Die Serie wird auch in der ARD-Mediathek zu sehen sein.