Schauspieler Edgar Selge brilliert in seinem drittletzten "Polizeiruf 110" (So. 20.15 Uhr, ARD) erneut als Blues blasender Hauptkommissar

Essen. Es ist ihr 15. Fall, die beiden Münchener Hauptkommissare Tauber und Obermaier haben schon so einiges sehen müssen. Mit was sie sich allerdings dieses Mal im "Polizeiruf 110: Wie ist die Welt so stille" (So. 20.15 Uhr, ARD) zu befassen haben - das ist der Albtraum schlechthin. Eine Familie wurde ausgelöscht. Die Nachdenklichkeit, die Tauber zu Beginn beschleicht, der Widerwille gegen diesen Fall, in dem er und seine Kollegin unter dem Druck der Öffentlichkeit und ihrer eigenen Psyche selbst zu Monstern werden, wie er es später glasklar analysiert, diese Nachdenklichkeit könnte auch den Zuschauer beschleichen.

Doch "Wie ist die Welt so stille" von Alain Gsponer ist gegen jeden Verdacht erhaben, mit Gewalt zu spekulieren. Die Kamera hält Distanz zum Tatort, die Bilder deuten nur an. Auch Tauber will sich nicht vom Schrecken der Bilder irritieren lassen. Als Ersatz für die Polizeifotos schreibt er Zettel, die das Blutbad beschreiben. "Das ist viel präziser und abstrakter - ich kann mich so besser aufs Wesentliche konzentrieren", sagt er. Das ist klug von ihm. Doch es nützt nichts. Der Fall saugt ihn auf. Wie ein Gespenst huscht der Einarmige durch die Szenerie, schüttet Powerdrinks in sich hinein, um dem Schlaf zu entfliehen.

Edgar Selge ist stets gut als Blues blasender Tauber. Hier spielt er das Lied vom Tod grandios. "Tauber funktioniert nicht mehr", zeigt sich Obermaier besorgt. Dieser "Polizeiruf 110" erscheint wie der perfekte Epilog zum Selge-Ausstieg. Zweimal muss er noch.