Köln. In „Auftrag Schutzengel” spielt Vadim Glowna einen zwielichtigen Geschäftsmann. Die Rolle liegt ihm, denn der Hamburger wuchs selbst auf dem Kiez auf.

Werner Sievert (Vadim Glowna), Kiezgröße auf St. Pauli. ZDF/Marion von der Mehden
Werner Sievert (Vadim Glowna), Kiezgröße auf St. Pauli. ZDF/Marion von der Mehden © Marion von der Mehden

Der Hamburger Jung-Unternehmer Ben Sievert (Benjamin Sadler) ist empört: Sein Freund Gerry möchte einen Deal mit dem zwielichtigen Geschäftsmann Max Camend einfädeln. Ben lehnt wütend ab. Noch in derseben Nacht wird Gerry ermordet - der Verdacht fällt auf Ben, der angibt, mit dem Mörder gerungen zu haben. Polizistin Nadja Mohn (Silke Bodenbender) soll Ben beschatten. Verwickelt in die Sache scheint auch Bens ungeliebter Vater, die Kiezgröße Werner Sievert (Vadim Glowna), zu sein. Der ZDF-Film „Auftrag Schutzengel” (Montag, 20.15 Uhr im ZDF) bietet solide Krimispannung, aber auch genretypische Klischees.

Die Figur, die sie spielen, bleibt undurchsichtig bis zum Ende...

Glowna: Der Vater ist in kriminelle Machenschaften verwickelt – bis zu Drogenhandel und Prostitution. Er hat alles erreicht, was man so erreichen kann, aber mit seinem Sohn ist er noch nicht fertig. Er ist ein typischer Patriarch.

Entscheidend im Film ist ja auch die Vater-Sohn-Beziehung, oder?

Glowna: Ja. Werner Sievert ist einigermaßen erschüttert, dass ihn der Sohn dermaßen ablehnt. Dabei glaubt er, nur das Beste für ihn zu tun. Gibt ihm Ausbildungsmöglichkeiten, lässt ihn in guter Gesellschaft aufwachsen. Der Sohn honoriert es nicht, weil er weiß, in welchem Milieu der Vater sein Geld verdient hat.

Milieu ist das Stichwort. Sie selbst sind mitten im Hamburger Kiez-Milieu aufgewachsen. Macht das Ihre Darstellung authentischer?

Nadja Mohn (Silke Bodenbender, r.) bezieht Posten in der Villa von Ben Sievert (Benjamin Sadler, m.) und trifft dabei auf Bens Vater Werner Sievert (Vadim Glowna, l.). (c) ZDF/Marion von der Mehden
Nadja Mohn (Silke Bodenbender, r.) bezieht Posten in der Villa von Ben Sievert (Benjamin Sadler, m.) und trifft dabei auf Bens Vater Werner Sievert (Vadim Glowna, l.). (c) ZDF/Marion von der Mehden © Marion von der Mehden

Glowna: Man hat einfach so ein Feeling. Das verliert man auch nicht, wenn man nach vierzig Jahren zurückkommt. Ich bin irgendwo noch ein Kind dieser Gegend - obwohl ich mich weit entfernt habe davon. Wenn man in diesem Kiez aufwächst, ist das Leben schon so'n bisschen vorbestimmt. Man wird Fußballstar oder Krimineller.

Woraus besteht dieses „Feeling”, von dem sie sprechen?

Glowna: Man geht hier einfach anders entlang, wann man das kennt, wie ich. Ich war mit einer Journalistin hier spazieren. Da waren Kinder, so welche wie ich früher. Da bin ich auf den lautesten zugegangen, habe gefragt: Hein-Hoyer-Straße? Da runter? Er sagte ja, da runter. Da sagte ich, verarschen kann ich mich selbst, die ist nämlich ganz woanders. Die Mädchen fingen an zu kichern. Die haben gemerkt, ich spreche deren Sprache. Das ist dieses Gefühl, das ich meine.

Ist das alles im Film realistisch dargestellt?

Glowna: Weitgehend authentisch. So ein Typ wie meine Figur wohnt auch so, irgendwie bürgerlich-spießig. Mit Neureich-Touch. Ich bin auch wieder in Gegenden gekommen, wo ich gewohnt habe.

Und? Sind sie melancholisch geworden?

Glowna: Ach ja, manchmal schon. Und man glaubt es gar nicht, wie viel Leute mich aus der Zeit noch kennen - nicht aus dem Fernsehen, nein, von damals. In der Kneipe tönt es dann, ey, wo kommst du denn her. Das hat gleich was Familiäres. Da wieder mal hinein zu kommen, das war für mich der Antrieb, die Rolle - die ja nicht so riesig ist - zu spielen.

Sie sind vom berühmten Gustaf Gründgens entdeckt worden...

Glowna: Entdeckt klingt ein bisschen dicke, aber er hat mich gefördert. Ich war erst kurz auf der Schauspielschule und habe mich als Statist beworben, um einfach dabei zu sein. Da fiel ein Schauspieler aus, und Gründgens fragte mich, ob ich das übernähme. Ich habe sehr sehr viel gelernt.

Sie haben vieles ausprobiert im Leben: Seemann, Taxifahrer, Hotelpage.... Was hätte noch aus Ihnen werden können?

Glowna: Die Frage habe ich mir auch schon gestellt. Entweder ich wäre Seemann geworden. Es gab auch den Gedanken, das Abitur nachzumachen. Ich bin ja damals von der Schule geflogen. Damals wollte ich Theologie studieren, Missionar werden. In Südamerika oder Afrika.

Dann war es aber sehr unpassend, dass Sie Ihren Pfarrer mal geohrfeigt haben sollen...

Glowna: Na ja, er mich. Und die Reaktion war schlimm für ihn. Ich hatte mit ihm nur Stress.

Also waren Sie eher ein rebellischer, unangepasster Typ?

Glowna: Oh, das bin ich heute noch! Vielleicht denke oder reagiere ich anders. Vielleicht bin ich manchmal schwierig in dem, Dinge hinzunehmen. Ich mache gerne Filme über Außenseiter, Leute, die auch nicht angepasst sind. Diese Leute haben Größe und Würde, auch wenn sie wissen, dass sie wahrscheinlich versagen.

Fühlen Sie sich in Deutschland genügend wertgeschätzt?

Glowna: Nein!!! Ich fühle mich ein wenig unterfordert. Ein gutes Beispiel: Ich habe einen Film gemacht, „Das Haus der schlafenden Schönen”. Trotz einiger guter Kritiken ist der Film hier untergegangen. Die Reaktion in New York war total anders. Man kann sagen, es war ein Triumph. Ich bin ein bisschen traurig, dass ich den Erfolg in Deutschland nicht habe.

Trotz allem haben Sie viel erreicht. Was wollen Sie sich noch erfüllen?

Glowna: Da wären zwei Shakespeare-Rollen, Prospero und Lear, die möchte ich noch spielen. Und Regie machen, da muss ich mich wohl international orientieren. Vier, fünf Drehbücher habe ich selbst oder mit geschrieben. Eine größere TV-Rolle wäre auch prima. Denn ich muss zugeben: Als Schauspieler verdient man weit mehr Geld denn als Regisseur.

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