Berlin. Bei „Anne Will“ begründete Kanzlerin Angela Merkel, warum sie eine weitere Kanzlerschaft anstrebt. Ein Gast kritisierte sie heftig.

Tritt sie noch mal an? Diese Frage hat Angela Merkel in den vergangenen Wochen permanent begleitet. Am Sonntag wich die Kanzlerin schließlich nicht mehr aus und kündigte an, ein viertes Mal an die Macht zu streben.

Ihre Entscheidung vertrat Merkel auch bei „Anne Will“. Im ARD-Talk betonte sie immer wieder, dass sie sich den Schritt nicht leicht gemacht habe. Im Zentrum ihrer Überlegungen habe die Frage gestanden, ob sie dem Land und ihrer Partei noch genug geben könne. Dies habe sie letztlich bejaht. „Menschen sind nie alternativlos, jeder ist ersetzbar“, sagte Merkel auf die Frage, ob es in der Union nicht einfach keine anderen Optionen gegeben habe.

Merkels Motivation

Als Motivation führte Merkel auch die Kritik an ihrer Politik an. „Natürlich reibt sich die AfD an mir“, sagte die Kanzlerin. Doch werde sie vor dem Problem nicht davon laufen. „Ich bin mir sicher, dass ich die Entscheidungen nach bestem Wissen und Gewissen gefällt habe. Ich glaube, da argumentieren zu können.“ Konsequenzen zieht die Kanzlerin aus dem Erstarken der AfD nicht. Sie werde ihren Konstanten treu bleiben und auf neue Herausforderungen reagieren, kündigte Merkel an. „Durch Abschottung und Ablehnung lösen wir keine Probleme.“ Einen Rechtsruck zu Wahlkampfzwecken wird es mit ihr also nicht geben.

An anderer Stelle formulierte die Kanzlerin eine für ihre Verhältnisse deutliche Kritik an der Kritik von rechts. „Ich tue mich mit dieser Unterscheidung in Volk und Eliten schwer“, sagte Merkel mit Blick auf die AfD. Sie könne nicht hinnehmen, dass die, die ständig scharf kritisierten, für sich beanspruchten, das Volk zu sein und jene, die sich konstruktiv einbringen würden, kein Volk sein sollen. „Ich bin genauso das Volk wie andere das Volk sind“, sagte Merkel.

So reagierten die anderen Gäste

Bei den anderen Gästen der Sendung löste Merkels Entscheidung überwiegend Erleichterung aus. „Wenn sie nicht angetreten wäre, wäre das die weitaus schlimmere Alternative gewesen“, fasste „Zeit“-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo die Gemütslage zusammen.

Selbst SPD-Urgestein Klaus Wowereit zeigte sich gnädig, auch wenn er Lorenzos Einschätzung nicht unterstreichen wollte. „Als SPD kann ich das nicht sagen.“ Zugleich betonte Wowereit, dass Merkel zu schlagen sei. „Sie hat nicht viel Neues zu bieten, das ist ein Manko.“ Saarlands Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) berichtete von dem Treffen der Parteiführung, dass der Schritt einstimmig befürwortet und mit Begeisterung aufgenommen wurde.

Kritik kam indes von Hans-Joachim Maaz, der Merkel Populismus vorwarf. In Wahrheit habe sie außer Worthülsen weiterhin keine Inhalte anzubieten, kritisierte der Psychoanalytiker. Für Merkel wäre es besser gewesen, wenn sie jetzt ginge. Nun werde ihr kein würdiger Abgang mehr gelingen.

Und die Moderatorin?

Machte insbesondere im Interview mit Merkel eine sehr gute Figur. Will bohrte immer wieder nach, wenn sich die Kanzlerin ins Ungefähre zurückziehen wollte. So stellte Will heraus, dass das Programm der Union – allerdings nicht ganz überraschend – noch längst nicht steht. Welche Antworten Merkel im Wahlkampf insbesondere auf die populistische Herausforderung von rechts anbieten wird: Völlig unklar.

Der Satz des Abends

Kam von Merkel mit Blick auf ihren liebsten Freund-Feind, Horst Seehofer. Der Wahlkampf wird hart, die Kanzlerin wird sich sowohl gegen die AfD als auch gegen eine Rot-Rot-Grüne Option wehren müssen. Doch der bayrische Ministerpräsident könnte ebenfalls zu einem echten Problem für sie werden. „Er ist ihr schlimmster Gegner, dagegen ist die SPD harmlos“, sagte Wowereit.

Sieht Merkel das auch so? Man weiß es nicht, denn natürlich machte die Kanzlerin gute Miene. Auf den Hinweis, dass ihre Entscheidung bei Horst Seehofer nur ein „dann ist das halt so“ ausgelöst habe, sagte sie trocken: „Na das ist doch gut, da hatten wir auch schon Kontroverseres.“