Berlin. Eine Flüchtlingsdebatte zwischen „Wir schaffen das“ und Angst vor dem Abstieg. Bei Illner wurde wieder über Integration diskutiert.

Die Frage des Abends musste spalten, sie war provokant gewählt: „Fremd in der neuen Heimat – wer gehört zu Deutschland“. Kann man Integration verordnen? Das konnte Maybrit Illner in 60 Minuten mit ihren sechs Gästen natürlich nicht abschließend beantworten. Dafür stritten die Gäste leidenschaftlich. Und die Diskussion zeigte, wo es überall hakt in der aufgeheizten Integrationsdebatte. Sie drehte sich um Abstiegsängste der Deutschen, um ihre Einstellung zur Vollverschleierung und darum, was es bedeutet loyal zu seinem Heimatland zu sein. Das waren die vier wichtigste Punkte.

1. Reicht Merkels „Wir schaffen das“?

Nein, da waren sich die meisten Gäste sicher. Integrationsministerin Aydan Özoğuz (SPD) reicht der Satz nicht: „Nur das zu sagen ist zu wenig“. Sie pflichtete Vizekanzler Gabriel bei, der am Wochenende gesagt hatte, dass es „natürlich“ so etwas wie eine Obergrenze für Flüchtlinge gebe. „Wir müssen dafür sorgen, noch mehr Mitarbeiter in den Behörden und noch mehr Lehrer für Sprachkurse einzustellen“, sagte Özoğuz.

Der Bürgermeister der niedersächsischen Stadt Hatten, Christian Pundt, betonte: „Wenn die Bevölkerung das ehrenamtliche Engagement einstellt, kippt das System“. Die Integrationsministerin setzte dagegen: „Aber das tut es ja nicht, wir fördern zunehmend das Ehrenamt, weil wir es auch weiter brauchen werden.“

2. Was sind die größten Hürden bei der Integration?

Die Gäste bei Maybrit Illner: Paul Ziemiak (CDU), Aydan Özoguz (SPD), Moderatorin Maybrit Illner, Journalistin Khola Maryam Hübsch, Filmemacherin Güner Yasemin Balci (v.l.).
Die Gäste bei Maybrit Illner: Paul Ziemiak (CDU), Aydan Özoguz (SPD), Moderatorin Maybrit Illner, Journalistin Khola Maryam Hübsch, Filmemacherin Güner Yasemin Balci (v.l.). © imago/Metodi Popow

Moderatorin Illner warf die Frage nach dem Herkunftsland auf: Welchen Unterschied macht es, ob ein Flüchtling aus Polen oder Syrien stammt? Güner Yasemin Balcı, Autorin und Filmemacherin („Das Mädchen und der Gotteskrieger“), preschte vor. „Der Unterschied ist, was für ein Weltbild der Flüchtling mitbringt. Und darüber müssen wir viel mehr streiten, um das nicht Menschen zu überlassen, die gegen ein gutes Miteinander sind“. Flüchtlinge müsse ganz klar deutlich gemacht werden, was der Staat von ihnen erwartet.

Integrationsministerin Özoğuz relativierte: „Es ist falsch, nur von der Herkunft aus zu schließen“. Es gehe auch immer um die Frage, wie ein Mensch hier aufwächst, welche Schulen er besucht.

Khola Maryam Hübsch, Journalistin und Autorin, sah auch in den Ängsten der Deutschen ein Hemmnis: „Ich verstehe das Unbehagen, es gibt Abstiegsängste und diese werden in syrischen Flüchtlingen manifest. Ganz Europa erlebt einen Rechtsruck. Das bekommen Muslime besonders zu spüren, was allerdings sehr gefährlich ist, weil es polarisiert.“

3. Wie mit der Angst vor dem Fremden umgehen?

Für die Frage brachte die Moderatorin die Symboldiskussion um die Burka in die Runde: „Können Sie nachvollziehen, dass die Mehrheit der Deutschen gegen eine Burka in der Öffentlichkeit ist?“, fragte Illner. Die Gäste antworteten mit einem klaren Nein – bis auf einen. „Ein Verbot macht keinen Sinn, weil man damit jenen ähnlicher wird, die unfrei leben“, sagte die Journalistin Hübsch.

„Es gibt Frauen, die die Vollverschleierung freiwillig tragen, deshalb würde ein Verbot aller Voraussicht nach gegen das Grundgesetz sprechen“, befand Bürgermeister Pundt. Paul Ziemiak, Vorsitzender der Jungen Union (JU) gab contra: „Wenn man fragt, welche kulturelle Prägung zu Deutschland passt, dann passt dies für mich eben nicht.“

4. Braucht es ein Bekenntnis zur Loyalität zu Deutschland?

Kanzlerin Merkel forderte vor Kurzem in einem Interview „ein hohes Maß an Loyalität zu unserem Land“. Wie kommt es zu dieser Aufforderung, sei sie so nötig, fragte Moderatorin Illner. Einigen Gästen zufolge schon. Die Journalistin Hübsch sieht eine Entfremdung der Migranten. „Dass wir jahrelang über Integration sprechen ohne Muslime einzubeziehen, führt zur Ausgrenzung. Das führt zu Frustration.“

Junge-Union-Chef Ziemiak forderte hingegen: „Wir müssen deutlicher als Gesellschaft sagen, was uns wichtig ist.“ Dass sich aber bereits viele Migranten sehr wohl mit Deutschland identifizieren, hob Integrationsministerin Özoğuz hervor. „Untersuchungen zeigen da schon ein deutliches Bekenntnis zu Deutschland. Aber Gefühl der Zurückweisung ist ein Problem. Zum Beispiel bei Bewerbern mit türkischen Namen, die von Arbeitgebern aussortiert werden.“

Die Ausgabe von „Maybrit Illner“ ist in der ZDF-Mediathek abrufbar.