Berlin. Als einziger Gast war Kanzlerin Angela Merkel “Anne Will“ in der ARD. Schnell macht sie klar: An ihrer Flüchtlingspolitik will sie nichts ändern.
Es ist zurzeit ein bisschen so, als regierten gerade zwei Kanzlerinnen in Deutschland: Da ist die eine, die von vielen Bürgern Beifall erhält für ihre Willkommenskultur, auf deren Namen dankbare Flüchtlinge ihre Neugeborenen taufen und mit der sie begeistert Selfies schießen, wenn sie im Erstaufnahmelager vorbeischaut.
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Aber da ist eben auch jene Kanzlerin, die für ihre offene Haltung gegenüber den Zuzüglern massive Kritik sogar aus der eigenen Partei einstecken muss und über deren politisches Scheitern in den Talkshows schon kräftig spekuliert wird – erstmals seit langem schwächelt sie in den Meinungsumfragen. Hier die Gefeierte, dort die Geschmähte. Es sind die zwei Welten der Angela Merkel, die in diesen Wochen der Flüchtlingskrise irgendwie nicht zusammenpassen wollen.
Alle blicken nun auf Merkel. Kippt sie in ihrer Haltung, könnte leicht auch die Stimmung im ganzen Land kippen. An diesem Abend, als die Regierungschefin im TV-Studio von Anne Will am Ende eines langen Arbeitstages Platz nimmt, macht sie schnell deutlich, dass sie nicht daran denkt, an ihrem Kurs in der Flüchtlingskrise etwas zu ändern.
Sie bleibt dabei: „Wir schaffen das.“ Davon sei sie „ganz fest überzeugt. Man kann mit Willen sehr, sehr viel schaffen.“ Sie selbst sei als Regierungschefin bereit, „für die Frage so hart zu arbeiten wie ich es nur kann“.
Auftritt von Merkel bei Anne Will ist ein ungewöhnlicher
Der Auftritt bei „Anne Will“ war ungewöhnlich für Merkel, aber nicht ihr erster. Schon 2009 war die Kanzlerin im Bundestagswahlkampf bei Will zu Gast – damals sendete die Talkmasterin allerdings noch am publikumsträchtigeren Sonntagabend. Später ließ sich die Regierungschefin auch von Günther Jauch, Wills Nachfolger auf dem sonntäglichen Sendeplatz interviewen: Im September 2011 zur griechischen Schuldenkrise. Nun also wieder bei Will.
Merkel betont, sie sei stolz darauf, „dass wir die Flüchtlinge freundlich empfangen“. Sie wolle „keinen Wettbewerb, wer die Menschen am unfreundlichsten behandelt“. Was sie denn von einem Aufnahmestopp halte, wie er auch aus Reihen der Union gefordert wird, will Gastgeberin Will wissen. „Wie soll das funktionieren?“, fragte die Kanzlerin zurück. „Wenn man einen Zaun baut, werden die Menschen andere Wege finden.“ Es sei ihre Aufgabe als Bundeskanzlerin, die Flüchtlingskrise zu bewältigen: „Jetzt hab ich eine schwere Aufgabe. Ich muss meinen Weg gehen.“ Der Frage Wills, ob sie mit der Bewältigung der Flüchtlingskrise ihre Kanzlerschaft verbinde, weicht Merkel allerdings aus: kein Ja, kein Nein.
Seehofer macht "nicht nur Wind"
Sie habe keinen Plan in der Flüchtlingskrise, hatte CSU-Chef Horst Seehofer der Bundeskanzlerin kürzlich vorgeworfen. Wer eine scharfe Replik erwartet hat, wird enttäuscht: Kein böses Wort Richtung Bayern. Seehofer mache „nicht nur Wind“. Stattdessen kontert Merkel in der Sache: „Ich habe einen Plan.
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Aber der hängt nicht von mir allein ab.“ Die Lage in den Bürgerkriegsländern Syrien und Irak und in den Flüchtlingslagern in der Türkei beeinflusse den Flüchtlingsstrom Richtung Europa. Dort müsse man künftig verstärkt ansetzen und Hilfe vor leisten. Zudem müsse Europa als Ganzes seiner Verantwortung in der Krise gerecht werden und nicht nur einige Länder: „Das ist schon mal ein harter Kampf.“ Aber auch in Deutschland müssten die Verfahren „geordneter und gerechter“ werden.
Merkel bestreitet, dass die Fotos von ihr, wie sie vor Aufnahmeeinrichtungen für Selfies mit Flüchtlingen posiert, viele weitere Flüchtlinge animiert hätten, gezielt nach Deutschland zu reisen: „Nicht meine Bilder sind um die Welt gegangen, sondern die vom Bahnhof in München.“ Dort hatten zahlreiche Helfer die ankommenden Flüchtlinge herzlich empfangen. Dies habe Deutschland „ein freundliches Gesicht gegeben“, so Merkel. „Das ist mein Land.“
Notbetten für Flüchtlinge