Mainz. . Das ZDF zeigt am Montagabend um 20.15 Uhr Siegfried Lenz’ Beziehungsdrama „Der Verlust“ mit einem starken Heino Ferch in der Hauptrolle.

Und plötzlich ist die Sprache weg. Ein Hirnschlag, ein Zusammenbruch, der lebensfrohe Mann, der da eben noch verliebt auf dem Tandem mit seiner Gefährtin radelte, ist nicht mehr Herr des Verfahrens. Derweil spürt die Frau seinem Leben nach und stößt auf die Dinge, die auch vorher unausgesprochen blieben. Siegfried Lenz hat diese Spurensuche samt menschlicher (Un)Tiefenanalyse in seinem Roman „Der Verlust“ vor 34 Jahren aufgeschrieben, der Lenz-erfahrene Regisseur Thomas Berger hat es nun mit erlesenem Fernsehpersonal verfilmt.

Lebenslügen werdenschonungslos aufgefächert

Das Verstummen des Hamburger Fremdenführers Uli steht sinnbildlich für die Sprachlosigkeit, das Verschweigen, für die Lebenslügen, die langsam und schonungslos aufgefächert werden, ohne dass er es noch verhindern könnte. Warum Thomas Berger ihm ein heiseres Stammeln entgegen der Buchvorlage dazu inszeniert, bleibt ein Rätsel. Heino Ferch, dem man im deutschen Fernsehen kaum noch entkommen kann, überzeugt indes durchaus in diesem fast stummen Leidenskampf, in der mimischen Erstarrung, im Frust und der Verzweiflung darüber, dass Dinge nun ihren Lauf nehmen, die er nicht mehr verhindern kann.

Ina Weisse hingegen verfällt bei den Nachforschungen mit immer gleichem Gesichtsausdruck dem Dauerstaunen. Sie ist die Bibliothekarin Nora, Ulis schöne Lebensgefährtin, und weil sie einen Handyanruf entgegennimmt, der für ihn gedacht war, stößt sie auf sein größtes Geheimnis: Da ist offenbar noch eine andere Frau (Fritzi Haberland) in seinem Leben, die wiederum von Noras Existenz nicht weiß. Und sie lernt Ulis Bruder (Hans-Jochen Wagner) Frank kennen, einen stillen, ernsten Künstler, den Uli einst verdächtigte, ihm die Freundin (Meret Becker) ausgespannt zu haben und wohl auch deshalb seit 16 Jahren keinen Kontakt mehr mit ihm hatte. Bis Frank ihn im Krankenhaus besucht.

Natürlich prallen auch die konkurrierenden Frauen an der Nordseeküste aufeinander und dechiffrieren das Leben des Mannes, den sie beide lieben und der sie beide betrog. Auch er, man ahnt es schon, wird auftauchen und sich nun zwischen Vergangenheit und Zukunft entscheiden müssen.

Lenz, der kurz vor seinem Tod vor einem Jahr den dramaturgischen Änderungen wie der Erfindung der zweiten Frau, zustimmte, ist nicht Rosamunde Pilcher und Thomas Berger kein Mann für verkitschte Stoffe. Aber die Seelenerforschung dieses Verantwortungsflüchtigen gerät doch schwer in küchenpsychologische Sphären, und wo der Schriftsteller den Zauber des Rätselhaften bevorzugt, verlangt das Fernsehen zuweilen eine Überdeutlichkeit, die dem Stoff seinen Reiz entzieht. Gleichwohl überzeugt die Stille, in der Berger das Dramatische sich vollziehen lässt. Da wird nichts überpointiert und hochgepeitscht; der Film bleibt in Stil und Form erwachsen. Manches Klischee hätte er freilich besser umschifft.

Fazit: Ein stilles, erwachsenes Beziehungsdrama. Allerdings mit einer allzu vorhersehbaren Entwicklung.

ZDF, 20.15 Uhr