Stuttgart. . Grimme-Preisträger Ulrich Tukur ist als Headhunter im Einsatz. Unterwegs in der ganzen Welt und dennoch einsam. Sein bester Freund ist der Alkohol.
Es ist dunkel. Clemens Trunschka (Ulrich Tukur) steht an einem großen Fenster im Hotelzimmer, schaut hinaus in den Nachthimmel, auf die Fassaden von Hotels und Bürogebäuden in Houston. Und es ist still. Zu hören ist bloß das Klirren von Eiswürfeln. Die schwenkt der Headhunter in seinem Drink, einsam, mitten in der texanischen Nacht.
Trunschka, Hauptfigur im deutschen Film „Houston“ (2013) von Bastian Günther, hat Familie, einen gut bezahlten Job – und er ist Junkie. Alkoholsüchtig, aber auch süchtig nach Erfolg. Ein Strudel, in dem er unterzugehen droht. Seine letzte Chance: den Chef von Houston Patrol, einem US-Ölkonzern abwerben. Vom Angebot, dass Trunschkas Auftraggeber macht, bekomme er zehn Prozent. Ein ordentliches Gehalt, wie die Dame im strengen Business-Kostüm trocken verkündet, während sie dem Headhunter Unterlagen zuschiebt. Auf einer Messe in Deutschland soll Trunschka Steve Ringer abpassen. Doch als der Familienvater morgens nebst leerer Minibar im Zimmer des Messehotels nach Luft schnappt und Orientierung sucht, ist der CEO längst abgereist. Trunschka muss in die USA fliegen, um den Fauxpas auszubaden.
Surreale Szenen
Dort wird der unerreichbare Ringer zum Phantom. Michael Kotschis Kamera und die sphärische Musik von Michael Rother, Rockmusiker und Komponist, unterstreichen die surrealen Szenen der Suche. Mal steht der scheiternde Headhunter weiten Highways, mal verglasten Bürofassaden bis in den Himmel gegenüber. Letztere werden mit beklemmenden Kamerafahren als Bedrohung inszeniert. Oft beginnt die Luft zu flirren, die Schärfe verlagert sich. Trunschka wirkt in die Enge getrieben und isoliert, klein vor der texanischen Businesswelt als übermächtigem Gegner – wie der tragische Held in einem Kafka-Roman.
Der bühnenerfahrene Ulrich Tukur spielt das glänzend. Zu allem Übel ist da auch noch Geschäftsmann Robert Wagner (Garret Dillahunt). Amerikaner, aufdringlich, laut. Er ist das, was Trunschka zu werden scheint. Ein Versager. Nicht finanziell, sondern auf menschlicher Ebene. Geschieden, einsam und deshalb so extrovertiert wie Trunschka introvertiert. Wo die beiden aufeinanderprallen, gibt es Ärger – dabei könnten sie sich gegenseitig helfen.
Fazit. „Houston“ ist Rausch, Trance, beklemmend und düster. Ein unaufgeregtes, eindringlich gefilmtes Drama um Leistungsdruck und Leistungsbereitschaft in der modernen Arbeitswelt, Sucht und Scheitern.
ARD, Mittwoch (12.8.), 22.45 Uhr