Dortmund. Bombastisch, phonstark – David Garrett geigte in Dortmund und Düsseldorf. Die Folge: Begeisterung ohne Ende. Videomagie, Konfetti und Schmalz gehören auch dazu. Vor allem aber: Die ehrliche Ausstrahlung, mit der es ihm gelingt, selbst Massen in voll besetzten Sälen persönlich anzusprechen.
Keine Frage: David Garrett surft auf einer Erfolgswelle, die er genießt und genießen soll, solange der Boom und seine jugendliche Strahlkraft anhalten. Zu verdanken ist diese für einen Geiger ungewöhnliche Traumkarriere einer glücklichen Mischung aus Können, Charme, Cleverness und einer perfekten Management-Maschinerie. Nicht zu vergessen die ehrliche Ausstrahlung, mit der es ihm gelingt, selbst Massen in voll besetzten Sälen wie der Dortmunder Westfalenhalle so persönlich anzusprechen, als brächte er jedem einzelnen Besucher ein ganz privates Ständchen.
Dazu bräuchte er erst gar nicht die hübsche Moni aus dem Publikum auf die Bühne zu holen und mit seiner Stradivari von Angesicht zu Angesicht zu umschmeicheln. Seine Kult-Gemeinde fühlt sich bis in die hinterste Reihe von ihm auf- und angenommen. Und die lässt er an seinem Leben teilhaben: er erzählt von seinem ersten Auto, vom Tournee-Stress und den mahnenden Worten seiner besorgten Mutter. Das kommt an.
Gigantisch geblähte Bühnenshow
Nicht weniger die mittlerweile gigantisch aufgeblähte Bühnenshow mit großem Sinfonieorchester, eigener Band, Chor, den Grazien des Deutschen Fernsehballetts, Feuerwerk, goldenen Konfetti-Salven, geheimnisvollen Nebelschwaden und üppigen Video-Projektionen vom Feinsten. Wenn das nicht reicht, wird auch noch Schmalzgebackenes von Andrea Bocelli zu Davids säuselnden Geigentönen eingeblendet. David Garrett hat sich sein Image als smarter Paganini des 21. Jahrhunderts hart und ehrlich erarbeitet. Aber eines ganz lieben Paganinis ohne dämonische Ambitionen, so dass er ein Publikum erreicht, das von Jung bis Alt keine Altersgrenzen kennt. Besonders, wenn er vor der Pause sein Haar löst und im Bühnenwind wallend wehen lässt.
Ob der gebürtige Aachener damit eine „Classic Revolution“ auslöst, so das Motto seiner derzeitigen Tournee, mag jeder selbst entscheiden. So bombastisch und phonstark wie mit den streichenden und rockenden Heerscharen seines Mammutensembles bekommt man das „Lacrimosa“ aus Mozarts und das „Dies Irae“ aus Verdis „Requiem“ jedenfalls nirgends sonst zu hören. Muss man auch nicht unbedingt, könnte ein Purist denken. Aber meistens verhält sich David Garrett ausgesprochen brav, wenn er seine Lieblingssongs von Bruce Springsteen oder ABBA zum Besten gibt, wenn er seiner Lieblingsstadt „New York“ huldigt und dezent abrockt. Nicht zu vergessen seine eigenen, mit sanftem Augenaufschlag versehenen Kompositionen.
Auch wenn die Dezibelzahlen ansteigen, die Klangfluten aus Orchester und Lautsprechern anschwellen, auch wenn in dem Getümmel die Geige bisweilen kaum mehr zu hören ist, bleibt David Garrett allgegenwärtig. Durch seine persönliche Präsenz und die Kunst der Videomagier, die ihn gleich mehrfach auf die Leinwand klonen. Da stört es auch wenig, dass seine edle Geige durch die robuste akustische Verstärkung bisweilen hart wie ein Brett klingt. Und noch weniger, dass er als Geiger auf dem klassischen Parkett seine Konkurrenz derzeit nicht ausstechen kann, wie seine jüngste Brahms-Einspielung zeigt.
Zugabe auf Zugabe
Das muss er auch nicht in der Westfalenhalle und in den anderen Sälen seiner Tournee, die am Sonntag nach 17 Stationen in Wien ihr Ende findet. Die Begeisterung fand kein Ende. Und das Publikum ertrotzte sich Zugabe auf Zugabe. David Garrett bringt halt alles mit, was zu einem dauerhaften Publikumsliebling gehört.