Dortmund. . Der Erlöser als Objekt seiner Fans :„Jesus Christ Superstar“ beeindruckt am Dortmunder Opernhaus mit dem ersten DSDS-Gewinner Alexander Klaws und erstklassigen Gesangsleistungen. Es handelt sich um eine Kooperation mit der Bonner Oper, die dort bereits im vergangenen Jahr Premiere hatte.

Sie nageln ihn tatsächlich ans Kreuz! Viele Produktionen des Musicals „Jesus Christ Superstar“ sparen sich diese finale Szene, lassen nur die trostlosen Hammerschläge im Orchester ertönen. Doch in der Dortmunder Inszenierung von Andrew Lloyd Webbers Meisterstück will man auf ein so starkes Bild nicht verzichten. Denn hier geht es weniger um den Leidensweg des Heilands als um die Passion eines Superstars. Den hat man mit dem Musicaldarsteller und ersten DSDS-Gewinner Alexander Klaws dann auch für die Jesus-Rolle gefunden. Von den 17 Vorstellungen wird der 31-Jährige 14 singen. Die Premiere ist ein Riesenerfolg; das Publikum applaudiert sofort im Stehen.

Regisseur Gil Mehmert und Ausstatterin Beatrice von Bomhard stellen ihre opulente Interpretation des ersten und besten Rockmusicals der Geschichte in eine Schwarzraum-Arena mit Feuerzauber und spektakulären Einsätzen der Bühnentechnik. Die Podeste und Treppen bieten dem zahlreichen Personal reichlich Platz für Auftritte; vor allem aber handelt es sich um einen öffentlichen Raum, in dem sich das Schicksal von Jesus Christ Superstar erfüllt.

Folkwangprofessor Mehmert legt dabei die Mechanismen des Starkultus offen, und Alexander Klaws verkörpert die Rolle des Jungen vom Land überzeugend, der von seinen Bewunderern als Erlöser instrumentalisiert wird, der weiß, dass er der unberechenbaren Gnade dieser Anhänger völlig ausgeliefert ist – und der deshalb ein Außenseiter bleibt.

Hunderte von Fans

Hunderte von Fans sind aus allen Regionen Deutschlands zur ausverkauften Premiere nach Dortmund gekommen, um Alexander Klaws zu sehen. Man erkennt sie an den Buttons mit dem Foto ihres Idols. Es ist ein Publikum, das eher die Hallen besucht als die Theater. Das Dortmunder Haus geht rücksichtsvoll auf die Bedürfnisse dieser Verehrer ein, denn Klaws liegt schon eine Viertelstunde vor Vorstellungsbeginn reglos auf einem riesigen Alukreuz auf der offenen Bühne und kann entsprechend ausgiebig fotografiert werden.

Alexander Klaws selbst, der real und gespielt Umschwärmte, hält dem doppelten Druck stand, der bei so vielen Erwartungen auf ihm lastet. Anfangs ist er noch ein wenig nervös, doch er hat eine gute, ausdrucksstarke Stimme; das „Gethsemane“-Solo gestaltet er mit bewegendem Reichtum an Schattierungen von Verzweiflung bis zur gläubigen Hingabe.

Überhaupt ist die Besetzung erstklassig. Patricia Meeden ist eine attraktive Maria Magdalena mit unglaublicher Rock-Röhre, David Jakobs ein sehr beweglicher Judas mit schöner Stimme. Mark Weigel muss sich als blond gegelter Pilatus einen Heroin-Schuss setzen – das sind Regieeinfälle, die man nicht mehr braucht. Kammersänger Hannes Brock gibt den Herodes als zynischen Spötter im roten Zylinder. Brock ist einer von drei Dortmundern im Solisten-Team, das ansonsten aus Gästen besteht.

Gil Mehmert hält seine Inszenierung frei von allzu konkreten konfessionellen Anspielungen, deshalb sind die Priester durch Kostümelemente charakterisiert, die vielen monotheistischen Religionen zugeordnet werden können.

Dortmund spielt die Bandfassung, nicht wie zum Beispiel derzeit Hagen die Orchesterfassung. Dirigent Jürgen Grimm lässt die Partitur ohne Weichspüler schnell, hart und herzberührend erklingen.

Von der Bühne zum Gefängnis

Die Arena wird nach und nach von der Bühne zum Gefängnis für den Superstar. Gegen die Manipulierbarkeit des Volkes kommt er nicht an. Und er ist wahrlich von Massen umzingelt. Gil Mehmert gelingt es hervorragend, den großen Dortmunder Opernchor, verstärkt um Essener Folkwang-Studenten, zu individualisieren. Das ergibt bestens choreografierte und sehr eindrucksvolle Tableaus. Nach Jesu Tod geht der Starkult – nun ungestört von unerwünschten Einlassungen des Stars – erst richtig los. Die Menge, die Minuten vorher noch „Kreuziget“ brüllte, opfert nun Kerzen, Blumen und Plüschtiere unter dem Kreuz.