Essen.

Exquisite Stimmen, die so ausdrucksstark wie intonationsrein klingen, die sich stilsicher im tönenden Geflecht der Jahrhunderte bewegen: Das Chorwerk Ruhr wird seit der Gründung 1999 für seinen hohen technischen Standard geschätzt, ja bewundert. Das hat die Formation nicht zuletzt bei der Ruhrtriennale immer wieder unter Beweis gestellt. Diesmal, im Salzlager der Essener Zeche Zollverein, glänzt das Ensemble mit Chorliedzyklen von Francis Poulenc und Jean-Yves Daniel-Lesur.

Poulencs Musik hat bekenntnishaften Charakter. Die Kantaten „Un soir de neige“ und „Figure humaine“, nach Texten von Paul Èluard, entstanden 1943/1944, in Zeiten der Resistance also. Sie erzählen vom Verlust der Menschlichkeit, von Kälte und Tod, von Verzweiflung, aber auch Hoffnung – am Ende wird die Freiheit beschworen. Lineare Stimmführung wechselt mit klangvollen Schichtungen, mitunter scheint die Musik zu schweben. Manches klingt bei Poulenc nach alter Madrigalkunst, anderes wie im Volkston gesungen, mitunter dissonant geschärft.

Daniel-Lesur hingegen hat das Hohelied Salomos vertont, sinnliche Liebeslyrik. Er arbeitet mit teils kräftigen Rhythmen, teils sirenenhaften Gesängen. Die das Chorwerk Ruhr, trefflich geleitet von Florian Helgath, mit Verve und Hingabe interpretiert. Wie das Ensemble andererseits bei Poulenc, mit Blick auf dessen gelebten Katholizismus, falsche Inbrunst klug vermeidet, die eingefügten kurzen Soli nicht im Übermaß hervorhebt.

Wie sich indes Maurice Ravels Sonate für Violine und Cello in das Programm dramaturgisch einfügt, bleibt unklar. Sicher aber ist, dass Florian Donderer und Tanja Tetzlaff diese „Maschine für zwei Instrumente“, wie Ravel das Stück nannte, entsprechend vehement, ruppig, ja widerborstig spielen. Manches klingt wie von Bartok entlehnt. Andererseits scheut das Duo nicht die narkotisierenden Schwebeklänge der Partitur. Immerhin schaffen diese sphärischen Inseln eine gewisse Verbindung zu den Chorzyklen.