Hamburg/Berlin. . Herbert Grönemeyer hat U2 scharf dafür kritisiert, dass sie ihr neues Album an 500 Millionen Apple-Kunden verschenkt haben. Grönemeyer, der die Bandmitglieder von U2 persönlich kennt, war von der Aktion “geschockt“ und empfindet sie als “respektlos gegenüber den hart arbeitenden Kollegen.“
Er kritisiert seinen alten Bekannten Bono, mag kein Netflix und will sein neues Album nicht für Streaming-Dienste freigeben. Sänger und Label-Besitzer Herbert Grönemeyer hat bei einem Konferenzauftritt in Hamburg seinem Ärger über die digitale Entwicklung in der Unterhaltungsbranche Luft gemacht.
Die Entscheidung der Band U2, ihr neues Album über eine umstrittene Apple-Aktion verschenken zu lassen, kam auch bei dem 58-Jährigen gar nicht gut an: "Ich kenne Bono ziemlich gut. Aber ich muss sagen, als ich das gehört habe, war ich geschockt", sagte er am Donnerstag auf dem Reeperbahnfestival. "So eine Aktion von einer so großen Band, die alle Millionäre sind, ist respektlos gegenüber den hart arbeitenden Kollegen."
Grönemeyer und U2-Sänger Bono (54) hatten in den vergangenen Jahren immer wieder zusammengearbeitet oder sich für soziale Gerechtigkeit stark gemacht, wie etwa 2007 bei einem gemeinsamen Auftritt in Rostock bei "Deine Stimme gegen Armut". Bei allem Respekt vor U2, es zeuge schon von einer gewissen Hybris, sich mit den größten Unternehmen der Welt gemeinzumachen und sich gegenseitig zu feiern.
"Mein neues Album wird nicht im Netz gestreamt werden können"
Bei seinem Auftritt im Hamburger Schmidt-Theater gibt sich der Sänger und Label-Chef kämpferisch, ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen: Gerade in Zeiten, in denen viele Künstler ums Überleben kämpften, gehe es darum, der Musik wieder einen Wert zu verschaffen.
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"Wir reißen uns den Arsch auf, um ein neues Album zu machen und etwas Schönes zu schaffen", sagte Grönemeyer und kündigte zugleich an: "Mein neues Album wird nicht im Netz gestreamt werden können".
Er stimme ganz seinem Kollegen, Element-Of-Crime-Sänger Sven Regener, zu, der behauptet habe: Streamingdienste seien wie Ein-Euro-Shops. Es könne nicht sein, dass die Musik über das Internet für einen Spottpreis vertrieben werde, sagte Grönemeyer. "Streaming muss teurer sein, oder auf eine gewisse Anzahl von Stücken limitiert werden." Ähnlich sei es mit dem neuen Videodienst Netflix: "Das ist, wie wenn Du zehn Euro zahlst und dafür in allen Hamburger Restaurants essen darfst. Das ist völlig verrückt."
Grönemeyer, der seit Jahrzehnten im Geschäft ist und zu den erfolgreichsten deutschsprachigen Musikern zählt, beneidet die jungen Musiker nicht, die einem viel größeren Erfolgsdruck ausgesetzt seien als er früher. Erst sein fünftes Album "4630 Bochum" (1984) sei ein Kassenschlager gewesen. "Das ist heute nicht möglich." Wenn sich nicht rechtzeitig der Erfolg einstelle, sei die Chance oftmals vorbei.
Grönemeyer empfiehlt jungen Musikern kleinere Labels
Auch wenn bei Grönemeyer der Erfolg relativ spät kam, blieb er dann doch über 30 Jahre: Neun Studioalben des aus dem Ruhrgebiet stammenden Künstlers landeten auf dem ersten Platz der Charts, und man kann davon ausgehen, dass es auch sein neues Werk "Dauernd jetzt", das am 21. November erscheint, an die Spitze schaffen kann.
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Grönemeyer, der selbst bei Universal veröffentlicht, empfiehlt jungen Musikern, auch nach einem kleineren Label Ausschau zu halten: "Du musst einfach für Dich Dein Label finden, wo Du gut behandelt wirst." Vor 15 Jahren rief er seine eigene Plattenfirma "Grönland-Records" ins Leben, die unter anderem Philipp Poisel, Boy oder die Klaas Heufer-Umlauf-Band Gloria unter Vertrag hat.
Wichtig sei, die Künstler auch durch Höhen und Tiefen zu begleiten und ihnen zu vermitteln: Arbeite in Ruhe, setze Dich nicht unter Druck, wenn der Erfolg mal ausbleibt.
Die Leitung habe er weitestgehend an die jüngeren Generationen abgegeben: Er habe eher die Rolle eines "Frühstücksdirektors" inne, sagt er mit einem Grinsen. "Wenn sie mich fragen, komme ich und gebe einen Rat." Er sei aber auch bekannt dafür, falsche Entscheidungen zu treffen. (dpa)