Ein filmisches Kaleidoskop erzählt von der Documenta 13, lässt Taxifahrer und Künstler zur Wort kommen. Doch leider bleibt “Art’s Home is my Kassel“, Kinodebüt der Kasseler Schwestern Katrin und Susanne Heinz, zu sehr an der Oberfläche.
Jutta Rudolph sieht der Documenta 13 mit gemischten Gefühlen entgegen. Auf der einen Seite kann es die altgediente Taxifahrerin gar nicht erwarten, dass das „Museum der 100 Tage“ endlich eröffnet wird. Schließlich gehen für sie die Geschäfte nie so gut wie zu Zeiten dieses Kunst-Ereignisses.
Allerdings hat sie für ihre Fahrgäste, die Künstler und Galeristen, die Kunstbeflissenen und Touristen, fast nur spöttische Blicke übrig. Mehr als einmal verdreht sie in „Art’s Home is my Kassel“, dem Kinodebüt der Kasseler Schwestern Katrin und Susanne Heinz, demonstrativ die Augen.
Abweisendes Verhältnis zur modernen Kunst
Jutta Rudolphs indignierte Miene ist weit mehr als nur ein privater Ausdruck von Missfallen. Die ebenso stummen wie vielsagenden Reaktionen der Taxifahrerin stehen für Volkes Stimme, zu der die Filmemacherinnen immer wieder zurückkehren.
Auch interessant
Jutta Rudolphs abweisendes Verhältnis zur modernen Kunst ist symptomatisch. In ihm spiegelt sich ein verbreitetes Vorurteil wider, das diese Dokumentation weder bestätigt noch verneint. Es gehört einfach dazu. Und vielleicht würde der Documenta sogar etwas fehlen, wenn sie nicht auch auf Ablehnung und Unverständnis stoßen würde.
Autorinnen beziehen nie Stellung
Katrin und Susanne Heinz beziehen in keiner einzigen Szene ihres Films Stellung. Sie bleiben interessierte, aber unparteiische Beobachterinnen. So gehört diese Dokumentation all denen, mit denen sie sich unterhalten, also der in China geborenen Kunststudentin Rui Yin, die Kunstinteressierte bei ihrem Rundgang über die Documenta 13 begleitet, oder dem Architekten Markus Hanisch, der in den ersten Monaten des Jahres 2012 den Bau mehrerer Kunsträume und -Objekte organisiert hat.
Außerdem kommen neben der grantelnden Taxifahrerin noch der amerikanische Künstler Sam Durant und die Documenta-Besucherin Irene Heinz sowie der Schreiner Frank Baum zu Wort.
Auch interessant
Bruchstücke werden kein Ganzes
„Art’s Home is my Kassel“ versammelt als filmisches Kaleidoskop eine Vielzahl von Geschichten und Perspektiven. Nur fügen sich diese Bruchstücke zu keinem Ganzen zusammen. Sie ergeben weder ein schlüssiges Porträt einer Stadt, die alle fünf Jahre für 100 Tage zum Mekka der Kunstszene wird, um dann sofort in ihrem alltäglichen Trott zu versinken, noch fangen sie den Geist der documenta 13 ein.
Wer im Sommer 2012 in Kassel war, wird angesichts der Oberflächlichkeit der filmischen Impressionen verzweifeln. Und wer dieses einmalige Kunstereignis nicht besucht hat, bekommt keinen klaren Eindruck davon. Die wenigen Arbeiten, die Katrin und Susanne Heinz etwas genauer betrachten, etwa Sam Durants „Scaffold“ oder Song Dongs „Do Nothing Garden“, bleiben architektonische und landschaftliche Konstrukte, denen die Filmbilder tiefere Bedeutung rauben. Die moderne Kunst wird zum Opfer eines Films, der in seiner Konzeptlosigkeit allen Zweiflern und Nörglern recht gibt, die schon immer den Kopf über diese „verrückten Künstler“ geschüttelt haben.