Hagen. .
Spot an für die Literatur: Zum 38. Mal reisen in der kommenden Woche Autoren, Juroren, Kritiker und Literaturfans ins österreichische Klagenfurt: 15 Stunden Lesungen und Diskussion stehen auf dem Programm, live übertragen von ORF und 3Sat (ab 3.Juli, jeweils ab 10 Uhr). Ein medialer Wahnsinn in mehrfacher Hinsicht, der im vergangenen Jahr beinahe den Sparzwängen des Senders zum Opfer gefallen wäre (und doch gerettet wurde), dessen altbackener Charme alljährlich neuen Anlass zu Spott gibt – und der doch so untrennbar zum Literaturbetrieb gehört wie die Geburtstagsparty einer alten Tante zum Familienkalender, an deren Ende wieder alle betrunken in der Ecke liegen. In diesem Fall: in der Eckkneipe.
Und wie bei einer Familienfeier weiß man schon, wie die Party laufen wird. Die österreichische Autorin Maja Haderlap, Preisträgerin von 2011, wird diesmal die Eröffnungsrede halten, eine von ziemlich vielen am ersten Abend. Danach wird die Reihenfolge ausgelost, in der die 14 Autoren aus Deutschland, Österreich und der Schweiz in den kommenden drei Tagen lesen werden: Dazu werden sie einzeln aufgerufen, müssen auf die Bühne vor den Justiziar treten und dürfen einen Zettel aus dem Kästchen ziehen – wie die Schulkinder!
Öffentliche Verfrühstückung
Diese Behandlung der literarischen Nachwuchshoffnung dient vermutlich der Einstimmung aufs Folgende: der öffentlichen Verfrühstückung ihres Textes durch die Jury, in deren Verlauf die Autoren für gewöhnlich schweigend einem Urteil lauschen, das oft vor allem der Selbstvergewisserung dient, dennoch aber über Wohl und Wehe der weiteren Karriere entscheiden kann. Denn wer einen Preis ergattert, darf sich des Verlagsvertrags sicher sein – wer verrissen wird, wird dieses Stigma womöglich nie wieder los. Zur Schizophrenie des Ganzen trägt bei, dass jedes Jury-Mitglied zwei Autoren ins Rennen schickt und in der ebenfalls öffentlichen Debatte darum, wer welchen Preis bekommt, zuweilen den einen zugunsten des anderen schnöde fallen lässt. In der Geschichte des „Bewerbs“ gab es gegen diese Unbarmherzigkeit erstaunlich wenig Autorenproteste (ausgenommen: durch Abwesenheit).