Wuppertal. Vor fünf Jahren starb die berühmte Tanzkünstlerin Pina Bausch. Seitdem tourt ihre Compagnie mit den gefeierten Choreographien weiter durch die Welt. Aber das Tanztheater Wuppertal ist bereits mitten im Prozess der Erneuerung: Die Compagnie soll verjüngt, neue Stücke herausgebracht werden.
Die Nachricht vom plötzlichen Krebstod der weltberühmten Tanzkünstlerin Pina Bausch ereilte ihre Compagnie am 30. Juni 2009 während eines Gastspiels im polnischen Wroclav. Trotz des Schocks traten die Tänzer am Abend auf. Auch am fünften Jahrestag des Todes der großen Choreographin, die den Tanz mit der Wucht der Körpersprache revolutionierte, macht ihre Compagnie das, was sie immer tat: "Wir sind auf der Bühne", sagt Sprecherin Ursula Popp.
Der internationale Erfolg des Wuppertaler Tanztheaters ist ungebrochen. Allein in der kommenden Spielzeit stehen Auftritte unter anderem in Paris, New York, Montreal, Antwerpen, Oslo, Taipeh und London auf dem Programm. Doch man meint sich zu verhören, wenn die Sprecherin sagt: "Das ist mal wieder eine normalere Spielzeit für uns."
Wütendes Publikum in Anfangsjahren
Denn in den vergangenen Jahren muteten sich die Tänzer ein kraftraubendes Programm zu, das vom kulturellen Beitrag zu den Olympischen Spielen in London 2012 bis zum 40-jährigen Bestehen des Tanztheaters 2013 reichte. Allein die Jubiläumsspielzeit "Pina40" die im Mai endete, lockte fast 57.000 Zuschauer nach Wuppertal, Essen und Düsseldorf.
Jedes der Stücke von Pina Bausch wurde und wird vom Publikum mit begeisterten minutenlangen Ovationen gefeiert. Das sah in den Anfangsjahren noch anders aus: Wütende Reaktionen lösten die ganz und gar unklassischen Produktionen aus, die die innersten menschlichen Emotionen nach außen kehrten.
Freund Wim Wenders über Pina Bausch
Jedes Jahr hatte die in Solingen als Tochter eines Gastwirtehepaars geborene Pina Bausch seit den 70er-Jahren ein neues Stück erarbeitet. "Pina hat ein ganz neues Vokabularium der Bewegung und der zwischenmenschlichen Entdeckungen erfunden", sagte ihr Freund Wim Wenders 2008 bei der Verleihung des Goethepreises an die Künstlerin. Wenders setzte Pina nach ihrem Tod mit dem preisgekrönten 3D-Film "Pina - tanzt, tanzt, sonst sind wir verloren" ein Denkmal. "Monumental, epochal und grandios steht dieses Werk von Pina Bausch heute vor uns", sagte er damals.
Abschied von Pina Bausch
Die Erwartungen an die Compagnie mit ihrem künstlerischen Leiter Lutz Förster, Tänzer der ersten Stunde bei Pina, sind also immens. Das Tanztheater steht vor der großen Herausforderung, nicht nur das Erbe Pinas mit rund 40 Meisterwerken wie "Kontakthof", "Palermo, Palermo" und "Café Müller" zu pflegen, sondern auch neue Stücke herauszubringen und neue Strategien für das Tanztheater zu finden. In der übernächsten Spielzeit 2015/16 werde es ein neues Stück geben, hatte Förster kürzlich gesagt. "Es muss", bekräftigte er. Förster hatte schon vor einem Jahr gesagt, dass die Truppe mit neuen Stücken und jungen Choreographen "lebendig" gehalten werden müsse.
Compagnie wird schrittweise verjüngt
Derzeit wird die Compagnie schrittweise verjüngt. Denn ebenso ungewöhnlich wie der Tanz war bisher auch die Altersstruktur des Tanztheaters, wo auch 40-, 50- und sogar 60-Jährige zur Truppe gehören. Drei neue Tänzer stoßen in der neuen Spielzeit 2014/15 dazu. Schon in der noch laufenden Saison wurden zwei junge Tänzer aufgenommen.
Eine "neue Konzeption inhaltlicher Art" werde zur Zeit im Auftrag der Stadt und des Landes NRW für das Tanztheater erarbeitet, sagt eine Stadtsprecherin. Einzelheiten sind bisher nicht bekannt. Dazu gehören auch die Pläne, das geschlossene Wuppertaler Schauspielhaus zu einem Pina-Bausch-Tanzzentrum umzubauen. Im Schauspielhaus war die Truppe seit 1980 einst aufgetreten. Für Förster ist es "die ideale Tanzbühne".
Schauspielhaus unter Protesten geschlossen
Im Sommer 2013 wurde das bereits seit Jahren teilweise gesperrte Gebäude unter Bürgerprotesten ganz geschlossen, denn die verschuldete bergische Stadt konnte sich die Sanierung des vor sich hinrottenden weißen Theaterbaus aus den 60er Jahren nicht leisten. Die Stadt rechnet mit Kosten in Höhe von rund 40 Millionen Euro für den Umbau in ein Tanzzentrum und die Sanierung.
Ein Erfolg war es, dass das Tanzzentrum im Berliner schwarz-roten Koalitionsvertrag als "national bedeutsamer Kulturort" für förderwürdig erklärt wurde. Wie hoch der finanzielle Beitrag des Bundes sein wird, ist aber noch offen. (dpa)