Essen. Beim Klavier-Festival Ruhr, in der Philharmonie Essen, hat sich der kanadische Pianist Marc-André Hamelin des Geburtstagskindes und großen Klangzauberers Richard Strauss angenommen. Dabei wurde Hamelin unterstützt vom WDR Sinfonieorchester.
Der kanadische Pianist Marc-André Hamelin ist ein Alleskönner am Klavier. Seine Virtuosität kommt völlig natürlich daher, ganz gleich, wie hoch die technischen Anforderungen sind. Dabei wirkt er so ruhig, als gehe es um musikalische Sachbearbeitung. Er stellt sich nicht zur Schau, doch hinter der neutralen Fassade entpuppt sich Hamelin als feinsinniger, sensibler Gestalter.
Beim Klavier-Festival Ruhr, in der Philharmonie Essen, hat er sich nun des Geburtstagskindes und großen Klangzauberers Richard Strauss angenommen, der immerhin mit der „Burleske“ ein veritables Instrumentalkonzert komponiert hat. Geprägt von einer starken rhythmischen Figur, wandelt die Musik auf den romantischen Pfaden von Johannes Brahms, streift in seiner Lyrik Chopins Wehmut und geizt nicht mit lisztscher Fingerakrobatik. Und doch: Das frühe Werk bietet Opulenz, Farbreichtum und das typische Strauss-Sentiment.
Hamelin meistert alle vertrackten Stellen mit Leichtigkeit, gibt dem Stück zudem Tiefe. Die rhythmischen Dialoge mit der Pauke kommen punktgenau, das WDR Sinfonieorchester Köln trägt aber manchmal zu dick auf, angespornt von dem exzessiv körperlichen Dirigat des Letten Andris Nelsons. Der Mann am Pult möchte eben jede Nuance ebenso hervorlocken wie den großen Klangrausch. Hamelin aber wahrt gekonnt die Balance.
Bei Nelsons wird zuvor die Orchesterfantasie zur Oper „Die Frau ohne Schatten“, ein dichtes Leidenschaftsgewebe, zum aufgeblähten Monumentalstück. Weit besser, differenzierter musiziert, mit schönen, kecken Holzbläserfiguren, prächtigem Blechtosen und elegischem Streichermelos gelingt Strauss’ „Sinfonia Domestica“, die in Klang gegossene symphonische Dichtung über des Komponisten Privatleben. Eine so turbulente wie heroische und durch Witz geprägte Musik. Hier zeigt sich besonders die technische Reife des Orchesters, das so leidenschaftlich wie pointiert spielt. Nelsons wiederum legt sich ins Zeug und gibt alles, tänzelt am Pult, duckt sich, macht sich groß, stachelt an, bremst ab. Viel Beifall für eine aufregende Interpretation.