Mülheim.. Nach 30 Jahren auf Tour will der Mülheimer Komiker und Musiker Helge Schneider eine kreative Pause einlegen, im Garten buddeln und weniger Kaffee trinken. Und 2015 nur ein einziges Mal auftreten – mit dem Jugendjazzorchester im Konzerthaus Dortmund. Ein Interview in aller Ruhe.

„Helge hört auf“: Die Nachricht machte schnell die Runde. Deutschlands durchgeknalltester Komiker sei, nun ja, tatsächlich durchgeknallt. Burnout. Auftrittsverbot. Auszeit für anderthalb Jahre. Alles aus? „Quatsch“, entgegnet der 58-jährige Helge Schneider. Im Gespräch mit unserem Redakteur Jürgen Stahl in seiner Heimatstadt Mülheim erzählt er, „wat wirklich Sache is“.

Hört Helge auf?

Nein. Aber ich mach ‘ne Pause. Ich bin jetzt seit 30 Jahren auf Tournee und habe noch nie eine längere Pause eingelegt als ein halbes Jahr. Jetzt habe ich eineinhalb Jahre anvisiert. Mindestens.

Warum ziehen Sie sich zurück?

Wir gelten als Comedy, aber was wir auf der Bühne machen, ist Rock’n’Roll. Man kann nicht ständig rocken. Man muss sich auch mal erholen. Und: Ich kann mich ja gar nicht mehr um Mülheim kümmern. Guck mal, wie es hier aussieht! Ich ziehe bald um, in Stadtnähe. Da werde ich was tun müssen. An meinem 60. Geburtstag (im August 2015, die Red.) will ich außerdem weit weg sein und nicht feiern. Am Ende sogar mit Fernsehen und sowat!

Gibt’s gesundheitliche Gründe?

Wenn man so viele Konzerte macht, wenn man sich auf Tour mehrfach einen Virus einfängt und trotzdem weiterspielt, dann kriegt man Probleme, so wie ich vor zwei Jahren und zuletzt wieder vor einem Jahr. Dann kommt der Zeitpunkt, wo man sagt: Ich kann nicht mehr. Dem will ich vorbeugen. Ich habe meine Ernährung umgestellt, trinke jetzt laktosefreie Milch und nicht mehr so viel Kaffee.

Sicher ist: Man wird mich ab Herbst eineinhalb Jahre nicht mehr auf der Bühne sehen. Vielleicht spiele ich aber mal in einem Film ‘ne Rolle. Vielleicht arbeite ich an einer neuen CD. Ansonsten buddel ich im Garten. Ich werde wieder zeichnen. Und ich räume meine Wohnung auf. Da sieht’s aus wie Kraut und Rüben. Da habe ich einiges zu tun – allein bei den ganzen Bühnenanzügen, die ich gehortet habe. Auch Familie und Kinder habe ich vernachlässigt. Die Kinder (sechs an der Zahl, die Red.) gehen jetzt alle zur Schule. Da muss ich die Ferien ausnutzen. Oder ich fahre wieder Rennrad. Das hab’ ich vor fünf Jahren verliehen. Demnächst hole ich es mir zurück.

Die aktuelle Tour ist vergleichsweise kurz.

Zwei Monate, aber mit 40 Konzerten, u.a. mit Peter Thoms an den Bongos: ein fürchterlicher Anblick. Danach ist Schluss. Ach ne: Ich habe dem Jugendjazzorchester versprochen, mit denen ein Konzert zu machen am 4. Mai 2015 im Konzerthaus Dortmund. Da spiele ich aber nur zwei Stücke: eins mit Saxophon und eins mit Timbaphon.

Gibt’s 2016 ein Wiedersehen?

Ja klar. Es juckt schnell wieder in den Fingern. Ich kann ja nicht ewig zu Hause sitzen. Aber manchmal ist eine Pause wichtig und richtig, um sich selbst wieder voranzubringen, gerade als Künstler. Außerdem muss ich arbeiten. Die vielen Kinder... das kostet ja alles Geld. Gut, dass ich meine eigene Aktie bin. Das ist ein unglaubliches Glück.