Essen. . Das Ruhrgebiets-Trio „Wildes Holz“ fordert „Freiheit für die Blockflöten“ und interpretiert Pop und Klassik auf Flöte, Gitarre und Kontrabass – von Michael Jacksons „Smooth Criminal“ bis Kraftwerk und AC/DC. Kennengelernt haben sie sich an der Musikschule und dann nie wieder aus den Augen verloren.

Sie fordern „Freiheit für Blockflöten“ und haben auch sonst wenig Respekt, wenn es darum geht, Klassikmelodien oder Popsongs zu interpretieren. Tobias Reisige, Markus Conrads und Anto Karaula stecken hinter dem Trio „Wildes Holz“. Reisige spielt das Lead-Instrument der Band: Blockflöte. Er will beweisen, dass das klassische Anfängerinstrument völlig unterschätzt ist. Einer der größten Cover-Hits der Gruppe ist übrigens „Smooth Criminal“, im Original von Michael Jackson.

Angefangen hat alles in der Musikschule Recklinghausen. Die drei, damals noch junge Erwachsene, landeten auf einer Orchesterfahrt zufällig im gleichen Zimmer. Reisige war als Saxofonist mitgefahren. „Zu später Stunde habe ich mich dann getraut, die Blockflöte auszupacken.“ Nach der spontanen Jam-Session mit Conrads (Bass) und Karaula (Gitarre) war klar: Da soll mehr draus werden. Es entstand eine Musikgruppe und Freundschaft, die sämtliche Orts- und Jobwechsel der Instrumentalisten überstand.

Karaula versuchte sein Glück erst als Lehrer, bevor er hauptberuflich zur Musik zurückfand, Conrads und Reisige studierten Musik. Reisige besuchte die Folkwang-Hochschule und ist diplomierter Jazz-Blockflötist. „Man wird immer ein bisschen belächelt, viele wussten gar nicht, dass man das Instrument studieren kann“, erzählt er. Dabei sei die Flöte im Mittelalter ein begehrtes Instrument gewesen und auch in der neuen Musik durchaus wieder zu finden. Nur in der Klassik finde man eher die Querflöte, die sich besser in den orchestralen Sound einfüge.

Boygroup mit Kraftwerk

In Reisiges Koffer lagern denn auch zehn verschiedene Flöten. Neben dem Anfängermodell in Sopran noch solche in Alt und Bass und eine quietsch-bunte Show-Flöte. Und er entlockt seinem Instrument nicht nur klassische Töne, sondern pustet manchmal rhythmisch über die Löcher hinweg, trommelt mit den Fingern und zaubert den Konzertbesuchern, die ungläubig lauschen, ein Lächeln ins Gesicht.

Auf die wilde Tour

Wer „Wildes Holz“ einmal live erleben möchte: Am Mittwoch, 11. Juni, 20 Uhr, spielt das Trio in den Flottmann-Hallen in Herne (Vvk: 15 Euro). Am Freitag, 13. Juni, 20 Uhr, gastiert die Gruppe dann im Essener Katakomben-Theater (Vvk: 15 Euro).

Special Guest an beiden Abenden ist die Gruppe „The Bassmonsters“ – ein Quartett, das als erstes seiner Art Rockmusik (Metallica, Led Zeppelin, Steppenwolf) auf Kontrabässen abliefert.

Nähere Informationen auch auf www.wildes-holz.de.

„Wir sind keine Comedytruppe, gehen die Sache aber durchaus selbstironisch an“, betont Markus Conrads, der seinen Kontrabass nur selten streicht, sondern als Rhythmus-Instrument gebraucht und so zugleich das Schlagzeug ersetzt. Bei neuen Zuhörern weiß die Gruppe, die inzwischen auch bundesweit bekannt ist, den Überraschungseffekt zu nutzen – auch wenn einige anfangs etwas skeptisch gucken. Im Programm wechseln sich Chart-Hits mit Klassik und Jazz ab. Und bei dem einen oder anderen Lied gibt es sogar eine Tanzeinlage, ganz wie es sich für eine Boygroup gehört. „Wir hören uns die Lieder an und übersetzen sie dann für unsere Instrumente“, erklärt Karaula. Bei Kraftwerk klappte das gut, AC/DC schaffte es ebenso ins Repertoire, andere Songs wurden wieder verworfen. Aber auch die Klassikmelodien kommen gut an.

Inzwischen haben sie zahlreiche CDs produziert, zu Weihnachten etwa „Wilder die Flöten nicht klingen“. Reisige und die anderen geben zudem Workshops an Musikschulen. „Viele Lehrer unterrichten immer noch klassisch, dabei wäre es doch schön, wenn die Schüler mal selbst improvisieren und wurschteln könnten. Das ist auch wertvoll“, findet Karaula. Die Freiheit soll schließlich nicht für die Blockflöten allein gelten.