Cannes. . Das 67. Filmfestival von Cannes lockt mit viel Familie, starker Frauenquote und reichlich Stars: Channing Tatum, Julianne Moore, Hilary Swank, Marion Cotillard sowie als Ehrengast Sophia Loren haben sich angekündigt.
Alle Jahre wieder das gleiche Klagelied vor Cannes: keine Deutschen im Wettbewerb, kaum Regisseurinnen und Hollywood glänzt durch Abwesenheit. Bei dieser 67. Ausgabe des weltweit wichtigsten Filmfestivals, das am Mittwoch seine Tore öffnet, relativiert sich das traditionelle Jammern allerdings.
Mit der Italienerin Alice Rohrwacher und der Japanerin Naomi Kawase finden sich gleich zwei Frauen unter den 18 „Palmen“-Kandidaten, mit den Nebenreihen gehen insgesamt gar 15 Regisseurinnen an den Start: Im chronisch exklusiven Herrenclub von Cannes eine kleine Sensation. In der neunköpfigen Jury herrscht zudem erstmals eine weibliche Mehrheit und deren Präsidentin Jane Campion („The Piano“) dürfte die Damenwahl nutzen, um ihr anachronistisches Alleinstellungsmerkmal zu beseitigen, die bislang einzige Gewinnerin einer „Goldenen Palme“ in der Geschichte des Festivals zu sein. Für Deutschland gibt es gleichfalls Trostpflaster. Der Hamburger Fatih Akin wäre gesetzt gewesen, hat jedoch aus „persönlichen Gründen“ seine Teilnahme zurückgezogen.
Godard zeigt sich innovativ
Dafür ist Wim Wenders gleich doppelt dabei. Sein „Paris, Texas“ erfährt zum 30. Geburtstag eine Jubiläumsaufführung und in der Nebenreihe „Un certain regard“ präsentiert der Cannes-Stammgast eine Doku „The Salt of the Earth“ über den Fotografen Sebastião Salgado.
Lebensgeschichten finden sich reichlich im Programm. Gleich zur Eröffnung wird mit „Grace of Monaco“ Grace Kelly gehuldigt – einen Tag danach ist das französische Glamour-Drama mit Nicole Kidman auch auf hiesigen Leinwänden zu besichtigen. Ebenfalls von den Nöten des Luxuslebens handelt „Saint Laurent“. Politisch radikal präsentiert sich Ken Loach, der mit „Jimmy’s Hall“ das Leben des irischen Kommunistenführers James Gralton aus den 30er-Jahren zeichnet.
Während der 77-jährige Brite sich mit diesem Film in den Ruhestand verabschiedet, gibt sich der 84-jährige Jean-Luc Godard innovativ in 3-D. In „Adieu au langage“ schildert der Vater der „Nouvelle Vague“ die Kommunikationsprobleme eines Ehepaars, zwischen dem schließlich ein Hund vermitteln muss.
Die Brüder Dardenne als Favoriten
Der türkische Regisseur Nuri Bilge Ceylan erzählt in „Kis Uykusu“ von Verwandtschaftskonflikten im einsamen Anatolien. Der erst 25 Jahre junge Kanadier und gerne als Wunderkind gefeierte Xavier Dolan behandelt in „Mommy“ die Probleme einer verwitweten Mutter mit ihrem gewalttätigen Sohn. Sein Landsmann Atom Egoyan lässt im Krimi „The Captive“ einen Vater die vermisste Tochter suchen. Die umgekehrte Konstellation bietet Michel Hazanavicius, der nach seinem gefeierten Stummfilm „The Artist“ nun in „The Search“ die Suche eines Jungen nach seiner im Krieg verschollenen Mutter zum Thema macht. Familiäres steht auch im Fokus der beiden „Palmen“-Kandidatinnen. Bei „Still Waters“ von Naomi Kawase geht es um eine Teenager-Liebe, ihre Kollegin Alice Rohrwacher widmet sich in „La Meraviglie“ Verwandtschaftsproblemen im ländlichen Umbrien.
Als traditionelle Favoriten gehen einmal mehr die belgischen Brüder Luc und Jean-Pierre Dardenne ins Rennen. Mit ihren Sozialdramen „Das Kind“ und „Rosetta“ gewann das Duo bereits zwei „Goldene Palmen“, nun könnte der Hattrick gelingen: „Zwei Tage, eine Nacht“ erzählt von einer jungen Frau, die ihren Job verliert, falls sie die Kollegen nicht vom Verzicht auf ihren Bonus überzeugen kann.
Und auch wenn Hollywood seine Popcorn-Brummer nicht mehr an die Croisette schickt und die pompösen Reklame-Zeiten von „Terminator“ und „Indiana Jones“ vorbei sind, herrscht auf dem roten Teppich kein Mangel an Stars. Channing Tatum, Julianne Moore, Hilary Swank, Marion Cotillard sowie als Ehrengast Sophia Loren haben sich angekündigt. In Sachen Glamour gab es ja noch nie Klagen in Cannes.