Düsseldorf. .

Sie erzählen von Rasputin und seinem unheilvollen Einfluss auf die letzte Zarin, vom Automagnaten Henry Ford und Filmstar Charlie Chaplin. Wie Fachsfiguren paradieren all’ diese Gestalten durch Himmel und Hölle, singen und tanzen dabei. Fünf Miniaturen kombinierte Karl-Amadeus Hartmann Ende der 1920er Jahre zu der kurzweiligen, leicht gruseligen Kammeroper „Wachsfigurenkabinett“.

Mysterienspiel in der Max-Kirche

Eine echte Spielplan-Rarität, die jetzt das Opernstudio der Rheinoper präsentiert – nicht im Opernhaus, sondern im überdachten Innenhof der Max-Kirche, mitten in der Altstadt. Als Mysterienspiel mit lebendigen ‚Wachsfiguren’ in Szene gesetzt von Mechthild Hoersch.

Ganz schön schräg geht es dort zu. Zunächst ist einer wächsernen Gruseltypen mit schwarzem Hemd, blauer Jeans und blondem Zopf eine Witwe: Bei einem Besuch auf dem Friedhof rettet sie einen gehängten Arbeitslosen. Sie löst ihn vom Galgen und hängt stattdessen die Leiche ihres wieder ausgegrabenen Mannes auf. Danach stimmen sie (Luiza Fatyol und Paul Stefan Onaga) ein bizarres Liebesduett an. Der Clou sind ihre Schatten, die, dank Videoprojektionen von Constantin Wallhäuser, über die Wand des gekalkten Max-Saals marschieren.

Dann hupen Autos, untermalt von Chor-Liedern „Wir sind das reichste Land der Welt“ und „Dollars wie Sand am Strand“. Erstaunlich, wie hintergründig Hartmann und Librettist Erich Bormann die Rolle Amerikas in der Zeit der Weltwirtschaftskrise (1929) deuten. Apart stellen sie dabei den Industrieboss und Pionier der Automobilisierung Ford neben einen Blinden, eine ältere Dame und die Leinwand-Ikone Charlie Chaplin. Musikalisch erinnert die Szene „Chaplin-Ford-Trott“ , an Dada oder an Richard Strauss, dann wieder an Songs von Kurt Weill. Eine eigenwillige Mischung, die auch in „Der Mann, der vom Tode auferstand“ oder in „Fürwahr“ in die 20er-Jahre zurückversetzen.

Das Finale „Leben und Sterben des Heiligen Teufels“ war für den damals 24-jährigen Tondichter der Ausgangspunkt seiner Oper. Hier lässt Hoersch einen schwarzen Tisch hineinrollen, auf dem sich beleuchtete Glaskugeln drehen. Darüber beugt sich der alte Rasputin (Felix Rathgeber) – der falsche Mönch, der einst den Zarenhof aufmischte, die Großfürstin (Jessica Stavros) bezirzt, den Ersten Weltkrieg und den Tod der Zarenfamilie vorhersagte.

Stimmkräftiger Nachwuchs

Diese Mini-Oper ist musikalisch die stärkste - dank des stimmkräftigen Nachwuchs’, wie Hagar Sharvit, Aisha Tümmler, Evgenii Nagovitcyn und Aittla Fodre. Und wäre eine bewegende Bereicherung für die Russland-Abteilung in Madame Tussauds Londoner Wachsfigurenkabinett.