Wuppertal. .

„So sehr sich die Künstler auch bemüht haben, das Grauen war nicht malbar“. Das sagt ausgerechnet Gerhard Finckh, Direktor des Wuppertaler von der Heydt Museums, das ab dem kommenden Dienstag mit 350 Kunstwerken zum Ersten Weltkrieg so viele davon versammelt wie aktuell kein Museum sonst weit und breit. So sieht man an diesem Ort ausnahmsweise einmal keine kulinarische Bilderparade zum Schwelgen im Schönen, abgesehen von dem Saal zu Vorkriegszeit mit den friedvollen, entspannten Meisterwerken von Marc und Macke bis Picasso und Kirchner. Dafür aber bietet das Museum unter dem Titel „Menschenschlachthaus“ eine kundige und perspektivenreiche Ausstellung in zehn Kapiteln, die vor allem in historischer Hinsicht äußerst erhellend wirken kann.

Der eine Grund dafür liegt darin, dass fast die Hälfte der Werke aus dem Museum für Schöne Künste im französischen Reims stammen. Jener Stadt, deren weltberühmte Kathedrale im Laufe des Ersten Weltkriegs in Flammen aufging und die mitten in der Champagne liegt, wo viele so blutige wie sinnentleerte Schlachten geschlagen wurden. Für David Liot, den Museumsdirektor in Reims, wurde die Vorbereitung der Ausstellungs zu einer echten Entdeckungstour. Denn die französische Regierung hatte im Krieg Dutzende von Künstlern an die Front geschickt mit dem Auftrag, den Krieg zu dokumentieren, darunter auch so namhafte Meister wie Pierre Bonnard oder Félix Vallotton Doch alle diese Bilder verschwanden schon kurz nach dem Krieg wieder in den Depots, die Franzosen wollten Wiederaufbau, wollten vergessen.

Auch hier finden sich viele verharmlosende Zeichnungen und böse Karikaturen, hier findet sich kitschige Verherrlichung und nationalistische Propaganda und nur selten ein so beeindruckendes Gemälde wie die mit bestialischer Wucht explodierende „155er Feldhaubitze im Wald von Coucy“ von Jean Galtier-Boissière, dessen mörderische Qualität als Propaganda gemeint ist, aber aus der Sicht von heute nur Schrecken verbreitet.

Der andere Grund für die große historische Qualität dieser Weltkriegs-Schau liegt in den vielen Filmen, Fotografien und Zitaten, die sie bietet. Kriegserklärungen und Plakate zur allgemeinen Mobilmachung, . Museums-Chef Finckh ist überzeugt davon, dass diese Medien weitaus besser von den Gräueln des Krieges zeugen. „Man sollte sich für den Besuch dann aber auch ruhig zwei Stunden Zeit“, empfiehlt er. So erkennt man aus den Dokumenten, dass es auf beiden Seiten einen festen Willen zum Krieg gab, der sich schon Jahre zuvor abzeichnete. Und auch Mahner gab es wie den großen Sozialdemokraten August Bebel, der genauso vor einem Massen-Schlachten warnte wie der Autor Wilhelm Lamszus, der 1912 den kommenden Krieg mit einem Bestseller-Roman ausmalte, der zum Namenspaten der Wuppertaler Schau wurde: „Das Menschenschlachthaus“.

Der Begriff lässt sich ohne Missdeutungsgefahr wörtlich ins Französische übersetzen, in Reims wird die Ausstellung einen anderen Titel tragen. Eröffnet werden soll sie dort dann voraussichtlich am 12. September von Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem französischen Staatspräsidenten François Hollande.

Auch ihnen wird vielleicht auffallen, dass selbst die guten, kritischen Bilder und Grafiken von Max Beckmann oder George Grosz von den entstellten Verletzten, von den verscharrten Toten entweder durch ihre (scheinbare) Überzeichnung zu karikierenden Dokumenten werden. Oder aber sie sind – wie im Falle von Gert Wollheims an einen Gekreuzigten erinnernden „Verwundeten“ (1919) Otto Dix umstrittenem Mappen-Werk „Der Krieg“ (1924) – künstlerisch derart gelungen, dass der mörderische Krieg durch die ästhetische Bearbeitung umschlägt in Schauerromantik. Bestürzend wirken allemal die 12 Bruchstücke der Kathedrale von Reims, dessen Zerstörung ein ganzes Kapitel dieser Ausstellung gewidmet ist.